Jagd wird nicht erlaubt

Gänseproblem am Altmühlsee spitzt sich zu

8.7.2021, 06:01 Uhr
Eine Gans ist eine Attraktion, ganze Heerscharen davon werden zum Problem – auch an den Ufern des Altmühlsees, wo die Tiere deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.  

© Wolfgang Dressler, NN Eine Gans ist eine Attraktion, ganze Heerscharen davon werden zum Problem – auch an den Ufern des Altmühlsees, wo die Tiere deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.  

Es werden immer mehr. Waren es vor wenigen Jahren noch etwa 1000 Gänse, tummeln sich rund um den Altmühlsee mittlerweile etwa 3500 Wildgänse, informierte Karl-Heinz Fitz bei der gestrigen Sitzung des Zweckverbands Altmühlsee (ZVA), die er als Vorsitzender und Bürgermeister von Gunzenhausen leitet.

Und das ist ein echtes Problem für den Tourismus, die Landwirtschaft und das Image des Sees. Alles sei verkotet, Tag um Tag müssten die ZVA-Mitarbeiter die Strände säubern. "Einen ganzen Stoß an Beschwerden" von Besuchern, die deswegen nicht mehr kommen wollen, könne Fitz der Höheren Naturschutzbehörde zeigen. Gegen die richtete sich nämlich der Unmut in dieser Sitzung, in der dem Vorsitzenden die Enttäuschung und das Unverständnis deutlich anzumerken waren.


Blaualgen und Gänse bleiben am Altmühlsee Dauerbrenner


Hintergrund: Der ZVA hat darum gebeten, die beiden Seezentren in Schlungenhof und Muhr am See bejagen zu dürfen. Denn eine sogenannte Vergrämungsjagd, die testweise am Badeabschnitt in Wald durchgeführt wurde, habe ergeben, dass die Wildgänse danach 57 Tage nicht mehr dorthin zurückgekehrt sind. Natürlich wurde die Aktion frühmorgens durchgeführt, als noch keine Gäste vor Ort waren.

Den Vogelschutz im Blick

Dabei gehe es weniger ums Erlegen, sondern hauptsächlich ums Vergrämen der Vögel, hieß es. Jedoch liegen die Seezentren in Muhr und Schlungenhof in einem Naturschutzgebiet – Wald ist ausgenommen –, weshalb die Höhere Naturschutzbehörde keine Ausnahmegenehmigung zum Jagen erteilen will. Der Vogelschutz hat für die Behörde oberste Priorität.


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Aus deren Stellungnahme geht hervor, dass der Vogelschutz lediglich dem Reinigungsaufwand gegenübergestellt und das Problem nicht ganzheitlich betrachtet wurde. Das wurde klar, als Fitz eine Passage daraus zitierte. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich seit Jahren bemühen. Ich bin extrem enttäuscht, wie der ZVA hier alleine gelassen wird", zeigt sich der sonst als ausgesprochen beherrscht bekannte Fitz sichtlich frustriert.

Diese Einschätzung müsse man auch vor dem Hintergrund betrachten, dass "wir seit Jahren zusammensitzen, Stunden haben wir damit zugebracht", betonte Fitz. Zum Management von Wildgänsen gibt es extra eine Steuerungsgruppe, in die die Landesanstalt für Landwirtschaft involviert ist. "Da sitzen ganz viele Akteure am Tisch", sagte Fitz und zählte unter anderem die Regierung von Mittelfranken, den ZVA und das Wasserwirtschaftsamt auf. In der Jagd sieht er "einen ganz wichtigen Baustein" und ein "effektives Mittel".

"Es wird vollkommen ignoriert, was wir hier machen"

Doch die unterbindet nun die Höhere Naturschutzbehörde. Und Fitz ist angefressen: "Ich muss konstatieren, wir kommen nicht weiter." Man sei überhaupt nicht im Gespräch, suche keine Alternativen und verlange "immer wieder neue Gutachten, die Tausende Euro kosten", um letztlich doch keine Unterstützung zu erhalten. "Es wird vollkommen ignoriert, was wir hier machen. Das kann nicht sein, so können wir nicht weitermachen", schimpfte der Vorsitzende. Er sieht sich seitens der Behörde torpediert und merkte am Ende seiner Brandrede an, nun doch etwas emotional geworden zu sein.

"Das Problem einfach nur auf die Reinigung zu reduzieren, ist mir zu einfach", stellte auch Hans-Dieter Niederprüm, der Geschäftsführer des Tourismusverbands Fränkisches Seenland, fest. ZVA-Geschäftsleiter Daniel Burmann machte darauf aufmerksam, dass sich auch immer mehr Landwirte beschweren: "Sie haben Flächen für den Bau des Seenlands hergegeben und fühlen sich nun im Regen stehen gelassen."

Burmann berichtete von massiven Schäden auf deren Flächen, und auch der Bürgermeister von Muhr am See, Dieter Rampe, wusste von Landwirten zu berichten, deren Maisfelder beinahe komplett von den Wildgänsen abgefressen wurden, oder von Gras, das nicht mehr verfüttert werden kann, weil es durch den Kot verunreinigt ist.

Population wächst jährlich um zehn Prozent

Einerseits überlege man, wie man Leute hierherlocken könne, und auf der anderen Seite werde von den Gänsen alles "vollgeschissen", brachte Rampe es auf den Punkt. Burmann erklärte, dass die Gänsepopulation jedes Jahr um zehn Prozent wächst, und er ist überzeugt, dass es in ein paar Jahren 5000 sind. "Ablenkungsflächen, Gelegebehandlung, Jagd – wir haben alles versucht, aber es ist keine Lösung in Sicht. Das frustriert", so der ZVA-Leiter.

Arbergs Bürgermeister Jürgen Nägelein wusste auch von Gänsen zu berichten, die scharenweise in den Feldern zwischen Mörsach und Streudorf sitzen, und auch auf einem Feld bei Unterasbach habe er dies schon beobachtet. Er befand: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", jetzt seien andere dran.

Während der Diskussion, schlugen ZVA-Mitglieder immer wieder vor, sich ans zuständige Ministerium zu wenden. Landrat Manuel Westphal hatte die Idee, die Resolution gleich am heutigen Donnerstag zu übergeben, wenn am Abend Umweltminister Thorsten Glauber (FW) nach Gunzenhausen kommt, um den Hochwasserschutz an der Promenade in Betrieb zu nehmen. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen.

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