Wie geht es weiter mit Astrazeneca? Die wichtigsten Fragen und Antworten

1.4.2021, 13:12 Uhr
Astrazeneca macht weiter Probleme in Deutschland. 

© Joel Saget, afp Astrazeneca macht weiter Probleme in Deutschland. 

Nach Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff kam es in den vergangenen Wochen vereinzelt zu schweren Hirnvenenthrombosen. Nachdem einige Bundesländer und Städte am Dienstag die Impfungen stoppten, empfahl die Ständige Impfkommission (STIKO), die Impfungen im ganzen Land vorsorglich auszusetzen. Um was geht es genau?

Wie viele Dosen Astrazeneca wurden in Deutschland bereits verimpft?

Laut dem Robert-Koch-Institut wurden bis einschließlich Montag, 29. März, 2.697.479 Erstdosen plus 767 Zweitdosen von Astrazeneca verimpft. Dass die Zahl der Zweitdosen so niedrig ist, liegt daran, dass der empfohlene Abstand der Zweitimpfung mit dem Astrazeneca-Impfstoff zwölf Wochen beträgt. Der Großteil der planmäßigen Zweitimpfungen steht erst in einem Monat, ab Anfang Mai an.

Wie viele Verdachtsfälle gibt es momentan?

Bis zum 29. März wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 31 Fälle einer sogenannten Sinusvenenthrombose nach einer Impfung mit dem Astrazeneca-Impfstoff gemeldet, das entspricht etwa ein bis zwei Fällen pro 100.000 Impfungen. In 19 Fällen wurde eine zusätzliche Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen im Blut) gemeldet. Neun Personen starben. Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57 Jahre alt.

Die Fälle der auftretenden Hirnvenenthrombosen wurden dem Paul-Ehrlich-Institut vier bis 16 Tage und ausschließlich nach der ersten Impfung gemeldet.


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Wer wird nun künftig mit Astrazeneca geimpft?

Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) hat nach den neuen Erkenntnissen beschlossen, den Impfstoff nur an Menschen ab 60 Jahren zu verimpfen. Die Beschlüsse von Bund und Ländern sehen aber vor, dass bei Jüngeren die Impfung für die Prioritätengruppen eins und zwei nach einer "sorgfältigen ärztlichen Beratung" und auf eigenes Risiko fortgesetzt werden können.

Derzeit laufen generell Impfungen in den ersten beiden Prioritätsgruppen, zu denen - bezogen auf das Lebensalter - Menschen ab 70 Jahre gehören. Wenn Menschen unter 60 sich für Astrazeneca entscheiden, sollen diese Impfungen grundsätzlich in den Praxen der niedergelassenen Ärzte erfolgen.

Was bedeutet das für die Impfkampagne in den Hausarzt-Praxen?

Wolfgang Ritter vom Vorstand des Bayerischen Hausärzteverbandes sieht in der Stiko-Empfehlung, Astrazeneca nur an über 60-Jährige zu verimpfen keine Einschränkung, da diese Altersgruppe erst am Anfang der Impfungen steht. Man sei auf einem "Superweg". Wichtig findet Ritter aber eine deutlich bessere Impfstoff-Versorgung und eine komplette Aufhebung der Altersgrenzen. "Die Infekttreiber sind jetzt Menschen ab 14 und junge Erwachsene."


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Was passiert mit den Menschen, die auf ihre zweite Astrazeneca-Impfung warten?

Zur Zweitimpfung von Menschen, die bereits die erste Dosis Astrazeneca erhalten haben, will die STIKO bis Ende April eine Empfehlung abgeben. Nach dem Beschluss von Bund und Ländern könnten aber Menschen unter 60, die schon die erste Dosis Astrazeneca erhielten, bereits davor die Zweitimpfung von Astrazeneca bekommen - nach Rücksprache mit dem Arzt.

Ob eine Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff möglich ist, wird "zügig" mit den entsprechenden Experten erörtert, teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit. Wer bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen hat und unter 60 Jahre alt ist, kann laut Gesundheitsministerkonferenz wählen, ob er auch die zweite Impfung mit Astrazeneca wünscht oder lieber abwarten möchte. Die STIKO kündigte an, bis Ende April "eine ergänzende Empfehlung" abzugeben.

Was ist mit bereits ausgemachten Impfterminen?

Das hängt von der Verfügbarkeit der Impfstoffe und Liefermengen der Vakzine in den jeweiligen Impfzentren ab. In Nürnberg wurden die Termine aller betroffenen Personen für den Astrazeneca-Impfstoff storniert und ein Ersatztermin mit dem Impfstoff von Biontech angeboten.

Ändert sich nun die Impf-Reihenfolge?

Der Bund-Länder-Beschluss sieht vor, dass ab sofort die Impf-Priorisierung bei Astrazeneca für die Menschen über 60 Jahren aufgehoben werden kann: "Den Ländern steht es frei, bereits jetzt auch die 60- bis 69-Jährigen für diesen Impfstoff mit in ihre Impfkampagne einzubeziehen. Dies gibt die Möglichkeit, diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden 3. Welle nun schneller zu impfen."

Bayern macht von dieser Möglichkeit Gebrauch, wie Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) ankündigte: "Wir setzen das um." Das heißt: Auch 60- bis 69-Jährige können sich bereits jetzt mit dem Mittel von Astrazeneca impfen lassen, die sonst erst in Prioritätsgruppe drei an der Reihe wären. Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt kündigten dagegen an, vorerst auf diese Möglichkeit zu verzichten und weiterhin nur Menschen der Prioritätsgruppen eins und zwei zu impfen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

In Großbritannien wurde die Mehrheit der mittlerweile 30,6 Millionen Menschen mit dem Astrazeneca-Impfstoff geimpft. "Der Impfstoff aus Oxford", unterstrich ein britischer Regierungssprecher noch in der Nacht zum Mittwoch, "ist sicher und effektiv und hat in diesem Land schon Tausende von Leben gerettet. Wie die unabhängige Regulierungsbehörde empfohlen hat, sollte jeder sich impfen lassen, dem dies angeboten wird." In Großbritannien wurden der der Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (MHRA) bei 13,7 Millionen Astrazeneca-Impfungen bisher vier Fälle von Sinusvenusthrombosen gemeldet.


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Was bedeutet der Stopp für die Impfkampagne?

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigen am Dienstagabend das Ziel, bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen. Spahn appellierte gleichwohl an alle 60-Jährigen, das Impfangebot auch wahrzunehmen. Der Impfstoff sei sehr wirksam, gerade auch bei Älteren. Auch dass verschiedene Impfstoffe zur Verfügung stünden, sei ein großes Glück, sagte Merkel. Zu ihrer Impfung mit dem Präparat von Astrazeneca sagte die Kanzlerin: "Wenn ich dran bin, lass' ich mich impfen, auch mit Astrazeneca".

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte sich am Abend optimistisch, dass die die Entscheidung keine großen Auswirkungen auf die Impfkampagne in Deutschland haben wird. "Wir werden eine kleine Delle haben von ein paar Tagen, wo es Verwirrung gibt, aber dann wird das Impftempo wieder voll anziehen", sagte Lauterbach in den ARD-"Tagesthemen". Generell überwiege bei über 60-Jährigen der Nutzen über möglichen Risiken. "Es ist ein sehr guter Impfstoff, den ich weiter empfehlen kann", sagte Lauterbach. Die Entscheidung der Bundesregierung sei aber richtig gewesen. Man müsse auf die neuen Daten reagieren, denn "das ist keine Kleinigkeit, über die wir hier reden."

Wie geht es nun weiter?

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) wird in der kommenden Woche erneut über die Sicherheit des Astrazeneca-Impfstoffes beraten. Ihr Bericht und weitere Analysen sollten beim Treffen des Sicherheitsausschusses der EMA vom 6. bis 9. April beraten werden. Dann werde auch eine Aktualisierung der EMA-Empfehlung erwartet. Die STIKO berät sich am Donnerstag erneut.

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