Wissenschaftler der Region kämpfen gemeinsam gegen Corona

Christina Merkel

Hochschule & Wissenschaft

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10.4.2020, 16:18 Uhr
Krankenpfleger Christof Busch probiert eine der Schutzbrillen, die verschiedene FAU-Institute gemeinsam entwickelt haben.

© Michael Rabenstein/Uni-Klinikum Erlangen Krankenpfleger Christof Busch probiert eine der Schutzbrillen, die verschiedene FAU-Institute gemeinsam entwickelt haben.

Schutzbrillen

Neben Schutzmasken sind auch Schutzbrillen für medizinisches Personal derzeit knapp. Deshalb hilft der Erlanger Lehrstuhl für Kunststofftechnik nun dem Uniklinikum. Die Mitarbeiter haben einen Prototyp entwickelt, den der Beauftragte für Biologische Sicherheit für gut befunden hat.

Die Serienproduktion von Brillen und Visieren hat begonnen – mit Mitarbeitern aus dem Maschinenbau, der Neue Materialien Fürth GmbH und dem Bayerischen Polymerinstitut in Fürth. Auch die Mechanik- und Elektronikwerkstatt der Technischen Fakultät hat bei den Vorbereitungen geholfen.

"Um die Lieferengpässe zu überbrücken und den Bedarf unseres Klinikums decken zu können, läuft die Produktion im Drei-Schicht-Betrieb an sieben Tagen in der Woche", sagt Dietmar Drummer, Inhaber des Lehrstuhls für Kunststofftechnik. "Momentan fertigen wir täglich 6000 Schutzbrillen, wir wollen die Produktion aber durch verschiedene Optimierungen auf 8000 Einheiten pro Tag erhöhen."

Das "Coronaskop"

Zuschauen, wenn das Virus eine Zelle befällt – das wollen Wissenschaftler am Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin. Dazu haben sie in einem Hochsicherheitslabor in Erlangen ein besonders gutes Mikroskop gebaut. Damit können sie lebende Viren und Zellen in hoher Auflösung beobachten. "Ein wichtiger Faktor ist, wie lange es dauert, bis ein Virus in eine menschliche Zelle eindringt und sich dort vermehrt", erklärt Vahid Sandoghdar, Direktor am Erlanger Max-Planck-Institut. "Dann wird die neue Virusgeneration freigesetzt, die ihrerseits wieder Zellen befällt."

Die Wissenschaftler wollen nachvollziehen, wie diese einzelnen Schritte genau ablaufen. Dafür arbeiten sie mit der Uni und dem Virologischen Institut am Uniklinikum zusammen. Unter dem Mikroskop könnten sie dann auch nachverfolgen, wie mögliche Medikamente auf eine befallene Zelle wirken.

Drei Wochen haben Sandoghdar und sein Team die Anlage unter strengen Sicherheitsvorgaben aufgebaut – schließlich darf sich niemand bei den Versuchen anstecken. Sie haben sie "Coronaskop" getauft. Die Geräte sind nun zusammen etwa so groß wie eine Mikrowelle und lassen sich fernsteuern.


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Die Forscher können damit nicht nur live zuschauen, sondern die biologischen Abläufe auch filmen und immer wieder abspielen. Und das, obwohl Viren so winzig sind. Ein Coronavirus ist etwa 100 Nanometer klein. Eine Zelle umfasst je nach Funktion mehrere 1000 Nanometer – ein menschliches Haar ist zehn Mal dicker.

Bislang bestimmen Virologen nur mit bloßem Auge, wie schnell sich die Viren vermehren. Sie messen, wie viele sich unter kontrollierten Bedingungen im Labor bilden. "Wir können das nun durch Einblicke auf Zellebene ergänzen", sagt Sandoghdar. Die Forscher hoffen, dass sie die ersten Bilder des Coronaskops schon in den kommenden Tagen aufnehmen können.

Handy-Ortung

Mehr als 130 Entwickler aus acht Ländern arbeiten derzeit an der Plattform "Pepp-PT". Die Technologie soll helfen, die Ausbreitung des Corona-Virus durch Handy-Daten nachzuvollziehen – und zu verlangsamen. Mit im Team sind Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS aus Nürnberg.

Die Abkürzung "Pepp-PT" steht für den Namen des Projekts "Pan-European Privacy-Protecting Proximity Tracing", was in etwa so viel bedeutet wie eine "europaweite, privatsphäreschützende Abstandsbestimmung". Außer Deutschland sind Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien und die Schweiz beteiligt. Unter anderem das Robert-Koch-Institut, das Heinrich-Hertz-Institut, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und auch das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC in München machen mit.

Die Nürnberger Experten kennen sich vor allem mit Distanzmessungen aus. Im Nordostpark betreiben sie seit Jahren ein Testgelände, auf dem sie beispielsweise nachvollziehen können, wo sich ein Gabelstapler in einer Lagerhalle befindet und wo er die benötigten Pakete im Raum findet. Das Verfahren funktioniert über Bluetooth-Verbindungen, die auch "Pepp-PT" nutzen will.

"Das Kernteam am IIS umfasst circa 15 Personen, die in den vergangenen drei Wochen fast pausenlos entwickelt, getestet und evaluiert haben", erzählt Institutsleiter Albert Heuberger. "Es braucht umfangreiches Wissen und Erfahrung, um aus der Signalstärke möglichst genau die Distanz zu bestimmen." Vieles kann das Signal stören: "Die nicht exakt gleiche Sendeleistung der verschiedenen Endgeräte, die Ausrichtung der Sende- und Empfangsantennen, der Einfluss des Körpers etwa beim Telefonieren, das Tippen auf dem Bildschirm oder das Tragen in der Tasche", erklärt Heuberger.


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Diese Herausforderungen wollen seine Mitarbeiter nun angehen, um eine möglichst genaue Schätzung zu erreichen. Wichtig ist zu wissen, ob Personen näher oder weiter als zwei Meter von einander entfernt waren und für wie lange, um festzustellen, ob sie sich so womöglich angesteckt haben könnten.

Beatmungsgeräte

Weltweit steigt die Nachfrage nach Beatmungsgeräten. In machen Ländern müssen Ärzte bereits entscheiden, wen sie beatmen und wen nicht, weil nicht ausreichend Ausrüstung vorhanden ist. Thomas Giesler hat sich deshalb überlegt, welche anderen Möglichkeiten es gäbe.

Der Elektrotechnikingenieur ist Professor für Medizintechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg. Er schlägt vor, zumindest darüber nachzudenken, Heimbeatmungsgeräte umzurüsten. Die Anlagen sind bei Zehntausenden Menschen in Deutschland bei sogenannter Schlafapnoe im Einsatz. "Dabei rutscht die Zunge im Schlaf nach hinten und verschließt die Luftröhre", erklärt Giesler. Die Betroffenen schnarchen oft laut, und ihr Körper wird zu wenig mit Sauerstoff versorgt.

"Dagegen hilft eine Gesichtsmaske, die durch konstanten Luftdruck die Zunge nach unten drückt." Es gibt Geräte, die die natürliche Atmung unterstützen und so das Luftholen erleichtern. "Die Atemmuskulatur wird dadurch entlastet", sagt Giesler. "Das könnte auch Patienten mit Covid-19 helfen."

In New York nutzen Ärzte das bereits. Die Firma Tesla hat dafür Heimbeatmungsgeräte gespendet. "Es gibt Mediziner, die das kritisch sehen, und natürlich können richtige Beatmungsgeräte viel mehr und bieten eine bessere Überwachung – aber wenn es davon nicht genug gibt, ist die andere Methode womöglich besser als nichts", sagt Giesler.


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Der Professor arbeitet nun an einer Lösung, die ausgeatmete Luft zu filtern, damit das Virus damit nicht zusätzlich verbreitet wird. Seinen wissenschaftlichen Aufsatz, wie die Geräte verändert werden müssten, hat er schon nach New York geschickt. "Gegen Corona müssen wir all unser Wissen in einen Topf werfen."


Die Anzahl der Corona-Infizierten in der Region finden Sie hier täglich aktualisiert. Die weltweiten Fallzahlen können Sie an dieser Stelle abrufen. Sie haben selbst den Verdacht, an dem Virus erkrankt zu sein? Hier haben wir häufig gestellte Fragen zum Coronavirus zusammengestellt.

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