Ziemlich peinlich: Bayern blamiert sich bei Corona-Tests

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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13.8.2020, 09:49 Uhr
Der Freistaat wollte es mal wieder allen zeigen - hat sich dabei aber übernommen.

© Sven Hoppe, dpa Der Freistaat wollte es mal wieder allen zeigen - hat sich dabei aber übernommen.

Sehr ärgerlich nennt Markus Söder die Panne bei den Corona-Tests. Das allerdings ist untertrieben. Das Land blamiert sich gerade bis auf die Knochen. Denn es zeigt sich, dass es mit den eigenen vollmundigen Ankündigungen nicht Schritt halten kann.

Tests für alle hatte Söder versprochen. Und erklärt, das Ergebnis liege den Urlaubsrückkehrern in ein bis drei Tagen vor. Tut es aber nicht. Mit dem Ergebnis, dass irgendwo in Deutschland mindestens 900 Menschen durch die Gegend laufen, die corona-positiv getestet sind, davon aber nichts wissen.


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Dabei mehren sich seit Tagen die Hinweise darauf, dass die Organisationen überfordert sind, die die Testzentren betreiben. Ihnen fehlt die Logistik und der technische Hintergrund für die Aufgabe, die sie übernommen haben. Und sie hatten mit dem Ansturm nicht gerechnet, den Bayerns Ministerpräsident noch befeuert hat mit seinem Versprechen, einfach jeder könne sich dort testen lassen. Das rächt sich nun.

Dabei ist der Gedanke dahinter nicht falsch. Wie sich zeigt, bringen erschreckend viele Urlauber das Virus aus dem Ausland mit nach Hause. Wenn an den Flughäfen mehr als zwei Prozent der getesteten Reisenden positiv sind, muss das alarmieren. Corona kehrt nicht durch die Hintertür zurück, still und leise. Es nimmt den Haupteingang, so wie das Fachleute vorhergesagt haben. Die Tests, das ist sicher, können die Gefahr eindämmen, weil sie die Gefahr erst sichtbar machen.

Hybris der Bayern

Doch dazu muss das System erst einmal funktionieren. Tut es aber nicht. Und das liegt auch an der bayerntypischen Hybris. Der Freistaat wollte es mal wieder allen zeigen, ganz vorne wegmarschieren. Dabei hat sich das Land übernommen; es kann mit den eigenen Maßstäben nicht Schritt halten.

Söder hätte gewarnt sein können. Denn es ist nicht das erste Mal, dass seiner Regierung das passiert. Als Hubert Aiwanger, seines Zeichens Wirtschaftsminister, die Corona-Soforthilfen verkündete, stürzte er die Betroffenen ins Chaos. Es war nicht nur sein hin und her bei den Konditionen, das Verwirrung bis hin zur Verzweiflung stiftete. Es war auch die simple Tatsache, dass seine Verwaltung nicht wusste, wie sie mit dem Ansturm umgehen, wie sie ihn schlicht technisch bewältigen sollte.

Wie jetzt bei den Tests mussten die Sachbearbeiter mühsam die Daten händisch in Listen übertragen. Wie jetzt auch beklagten sie, dass viele Formulare nur schwer leserlich seien. Wie jetzt auch waren die zeitlichen Vorgaben des Ministers eine Farce. Wenige Tage hatte Aiwanger versprochen. Wochen sind es geworden, sehr zum Leidwesen der Betroffenen, für die das Thema existenziell ist.

Bayern ist überfordert

Dass sich nun wiederholt, was schon einmal schief gegangen ist, zeigt zweierlei: Bayern hat aus den Fehlern der Vergangenheit nicht die richtigen Konsequenzen gezogen. Und das Land ist überfordert mit Söders forschem Kurs. Auch Söder sollte sich gelegentlich am Machbaren orientieren und nicht am Wünschenswerten. Weniger ist manchmal mehr.

Natürlich ist für ihn selbst der Vorgang peinlich. Er kratzt an seinem Image als Macher. Mehr aber auch nicht. Söder wird darüber kaum stolpern, so sehr die Opposition ihn jetzt auch angreifen mag. Allenfalls muss sich Gesundheitsministerin Melanie Huml um ihre Zukunft sorgen. Das ist zwar nicht ganz fair, weil sie umsetzen musste, was Söder vorgegeben hat. Doch so funktioniert Politik. Auch in Bayern.

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