Nachlass-Sensation
200 Bilder von Toni Burghart aufgetaucht
23.6.2021, 13:47 UhrMit Vögeln kannte er sich aus: mit dem lesenden Raben zum Beispiel, der selbst zum aufgeklappten Buch wird. Oder herzigen Enten, deren nach vorn gewundener Kopf sich zum historischen Porträt eines Mannes auswachsen kann. Aber auch Hasen – ob der berühmte von Dürer oder nicht – hoppelten gern und oft sehr bunt über Toni Burgharts Leinwände.
Allen diesen Tieren kann man nun, dreizehn Jahre nach dem Tod des immer noch beliebten Nürnberger Malers (1928–2008), wiederbegegnen – und sie sogar nach Hause mitnehmen, wenn man denn das nötige Kleingeld hat.
Der Hintergrund: Ein riesiges Konvolut von Werken aus Toni Burgharts Nachlass ist wider Erwarten neu auf den Markt gekommen und wird von der alteingesessenen Buchhandlung Korn & Berg, ohnehin auf Kunst aus der Region spezialisiert, zum Verkauf angeboten.
Ein ganzer Laster
„Ich dachte, das ist nur eine Kiste voll, dann kam aber ein ganzer Laster“, erzählt Gerhard Mayer von Korn & Berg. Rund 200 Bilder hat er in Kommission genommen, die – die Geschichte hat ihre bizarren, auch bitteren Seiten – über Jahre im Keller der Meistersingerhalle lagerten.
Dort mussten sie nun raus, die Halle wird saniert, es pressierte. Mayer sagte Ende 2020 umgehend zu und bereut es nicht. „Toni Burghart hat immer noch seine Fans hier“, über fünfzehn der Werke haben schon neue Besitzer gefunden.
„Natürlich gehen sofort die typischen Motive weg, die fränkischen Landschaften, der alte Kanal“: Nicht ohne Stolz zeigt Mayer in der Galerie der Buchhandlung ein ganz besonders gelungenes, für Burghart sehr großes Bild – eine schmale schlanke Burg in Grün und Blau, 80 mal 100 Zentimeter.
Die Preise liegen, für diese Kunstrichtung üblich, zwischen 300 und 3000 Euro; nicht alle sind aber signiert, manche wohl auch nicht ganz fertig ausgeführt, wirken deshalb wie Skizzen. In einem der Schaufenster am Hauptmarkt kann man einen ersten Eindruck bekommen, es wird immer neu bestückt. Weitere Bilder hängen im ersten Stock an den Geländern und geben den Räumen ein heiteres, auch freches Flair.
Gruß von Bambi
Etwa wenn die zarten Rehe eines Franz Marc im urkomischen Kulturclash auf Disneys „Bambi“ stoßen – ganz nach Burgharts bubenhaftlem, ja lausbubenhaftem Geschmack. „Ein guter Typ“, erinnert sich Buchhändler Mayer, der den Maler persönlich kannte, „mit einem guten Humor!“
Nicht ganz so lustig ist freilich ist die Provenienz der Bilder: Sie stammen alle aus dem Teil des Erbes, das Burgharts Sohn Michael nach dem Tod des Malers bekam. Die andere Hälfte ging an die Tochter. Michael, inzwischen selbst auch verstorben, hinterließ Schulden beim Finanzamt, das dadurch in den Besitz der Bilder kam – und nun deren Vermarktung über die Buchhandlung eingeleitet hat.
Liebhaber oder gar Sammler fränkischer Kunst und der als „Nürnberger Schule“ durchaus originellen Gruppe, deren Pionier Burghart war (man denke an den Skandal seines Dürer-Hundes im Jubeljahr 1971), werden sich trotzdem über die einmalige Gelegenheit freuen.
„Von Burghart“, weiß auch Kunstkenner Gerhard Mayer, „ist ja sonst kaum mehr etwas zu haben . . .“
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen