Kolumne

Ausgeschlumpft: So wird Söder doch noch Kanzler

10.9.2021, 09:28 Uhr
Ist er tatsächlich "ausbefördert"? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Wahlkampf im Max-Morlock-Stadion. 

© Foto: Roland Fengler; Grafik/Montage: Ralph Meidl Ist er tatsächlich "ausbefördert"? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Wahlkampf im Max-Morlock-Stadion. 

Lieber Markus Söder,

ich hatte das nie für möglich gehalten, aber es ist tatsächlich passiert: Ich habe von Ihnen geträumt. Und gleichzeitig von Deutschland! Wie konnte es so weit kommen?

Der Traum ging so: Bei der Bundestagswahl schmieren die Grünen trotz Klimakrise durch den Baerbock-Sog so weit ab, dass es nicht mehr für Rot-Grün-Rot reicht. Die FDP dient sich breitbeinig für eine Ampel an, will aber partout kein Tempolimit, auch weil sich Christian Lindner gerade einen neuen Zweit-Porsche zugelegt hat. Indem sich die Liberalen darauf einlassen, Vermögen ab 100 Milliarden mit 0,0001 Promille zu besteuern, deutet sich trotzdem eine Einigung an. Doch dann liefern sich Wolfgang Kubicki und Toni Hofreiter in einer Verhandlungspause eine wüste Schlägerei auf dem Herrenklo.

Noch während Sanitäter Platzwunden und Veilchen versorgen, beginnen in der "AG Schland" die Sondierungsgespräche zwischen Union, SPD und FDP. Auf dem ersten Foto der Unterhändler zeigt Olaf Scholz sein schlumpfigstes Grinsen. Übrigens vielen Dank, Herr Söder. Wenn ein Bonmot aus diesem Wahljahr hängen bleibt, dann das.

Friedrich Merz wittert seine letzte Chance. Er twittert, dass er privat gerne rote Socken trage und beansprucht das Finanz-, wenigstens aber das Wirtschaftsministerium. Der designierte Kanzler Scholz verspricht Merz unter vier Augen das Verkehrsministerium, weil man es dort schon gewohnt sei, einen schwer vermittelbaren Chef zu haben.

Als der Deal herauskommt, aktivieren Kevin Kühnert und Saskia Esken den bewährten Selbstzerstörungsmodus der SPD. Die Kröte Merz können sie nicht schlucken. Scholz nimmt seinen Hut, obwohl sie die meisten Stimmen geholt hat, verharrt seine Partei in der Opposition. Aus Prinzip. Damit ist die Bildung einer Mehrheitsregierung quasi unmöglich geworden. Angela Merkel führt weiter die Geschäfte, hat aber eine Kreuzfahrt ins Eismeer gebucht und würde die Reise gerne antreten, bevor da kein Eis mehr ist. Sie bittet den Bundespräsidenten, Armin Laschet als ihren Nachfolger vorzuschlagen. Scholz ist derweil der sozialdemokratischen Selbsthilfegruppe (SDSH) von Martin Schulz beigetreten.

Bevor Laschet zum Minderheitskanzler gewählt werden soll, lassen Sie, Herr Söder, durchblicken, dass Sie sich vielleicht doch nicht "ausbefördert" fühlen. Laschet fällt im Parlament durch, dasselbe widerfährt danach Merz, Ralph Brinkhaus und einem Saaldiener. Entnervt löst Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auf, es gibt Neuwahlen.

Als neue Spitzenkandidaten heimsen Sie, Herr Söder, und Robert Habeck, genug Stimmen für Schwarz-Grün ein. Feierlich umarmen Sie gemeinsam einen Berliner Baum. Die Räterepublik ist abgewendet, Land und Klima sind gerettet. Wie fänden Sie das, Herr Söder?

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