Mit 10.000 Euro dotiert
Das Literaturhaus Nürnberg vergibt erstmals den Gisela-Elsner-Preis
9.7.2021, 15:09 UhrNatascha Wodin hatte eine - überaus sympathische – Bedingung, den Preis anzunehmen, heißt es: Die Verleihung dürfe nicht am Vormittag sein. Keine Matinee also, sondern eine Abendvorstellung für die aus Berlin anreisende Autorin, die seit Nürnberger Zeiten – und der wohl ohnehin eher unbürgerlichen Ehe mit dem Kollegen Wolfgang Hilbig – gerne spät aufsteht, weil man nachts ja schwer beschäftigt ist. In ihrem Fall: mit Schreiben eben.
Diesen Samstag, 19 Uhr, ist es soweit, und Wodin, 75, bekommt den ersten explizit literarisch ausgerichteten Preis, den es in dieser Stadt gibt. Nicht von der Stadt selbst, sondern vom (und im) Literaturhaus Nürnberg, das sich als Verein noch stärker in der regionalen Szene positionieren will – und den frisch gegründeten Gisela-Elsner-Preis, mit 10 000 Euro zudem hoch dotiert, wie ein Leuchtfeuer zündet.
Und die in Fürth als Ostarbeiterkind geborene Wodin, die mit ihren traurig realistischen Erinnerungsbänden "Sie kam aus Mariupol" (über die Mutter, die sich das Leben nahm) und "Irgendwo in diesem Dunkel" (über den Trinker-Vater) erst vor wenigen Jahren ihren großen Durchbruch als Autorin hatte, ist eine mehr als würdige Preisträgerin.
Mit der Nürnbergerin Gisela Elsner (1937-1992) teilt sie nicht nur die lokalen Wurzeln, sondern den durchaus radikalen, furchtlosen Blick auf Herkunft, Familie, Historie. Vielleicht auch die Notwendigkeit, die als problematisch erlebte Heimat zu verlassen, um bei sich selbst anzukommen, unter anderen Bedingungen. Wo Elsner freilich böse spottete, satirisch kurzen Prozess machte, den Bürger zum Feind erklärte, bewahrt Natascha Wodin trotz Außenseitersicht die innere Ruhe. Der Leser dankt es ihr...
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