Kino

Die Rache des Analogen: Der Dokumentarfilm "An Impossible Project" über Sofortbildfotografie

Stefan Gnad

"Leben"

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15.2.2022, 11:52 Uhr
Die Rache des Analogen: Der Dokumentarfilm

© Robert Lohner

Unmöglich, sagen alle – also tauft Doc seine Mission „Impossible Project“. Von dieser kleinen Gegenrevolution erzählt der Dokumentarfilm „An Impossible Project“: Von Digital Detox und der „Rache des Analogen“, wie jüngst ein Buch zum Thema betitelt war, und dass das Digitale am Ende des Tages immer nur zwei Sinne anspricht: das Sehen und das Hören. Vor allem ist „An Impossible Project“ aber ein Film über Haltung und darüber, auch mal gegen den Strom zu denken und zu handeln.

Die Rache des Analogen: Der Dokumentarfilm

© Polyfilm

Acht Jahre lang hat Jens Meurer seinen Helden zwischen Wien, Berlin und New York begleitet. Doch die Sofortbildfotografie (hinter der übrigens die komplexeste chemische Reaktion steckt, die die Menschheit jemals entwickelt hat) ist nicht das einzige Thema, der Film streift auch die legendäre Notizbuch-Marke Moleskine, moderne Schallplattenherstellung, einen selbstbewussten Fleischhauer-Traditionsbetrieb und ein Labor in Wien, in dem ausgemusterte analoge Gerätschaften wie Musiktruhen und Druckerpressen eine neue Heimat finden.

„Polaroid-Fotografie ist nichts, was mich nachts wach hält“, sagt Regisseur Meurer, der gebürtiger Nürnberger ist und gerade mit einer analogen Filmrolle durch die Welt tourt, beim Filmgespräch im Casablanca, wo noch ein alter 35-Millimeter-Projektor steht. „Ich bin gar kein Analog-Freak!“.

Moderator und Vorführer Christoph Draxtra erinnert daran, dass das Kino ohnehin erst 2012/13 von analog auf digital umgestellt hat – also alles noch gar nicht so arg lange her. Und nur weil der Zeitgeist einem erzählt, dass am Digitalen kein Weg vorbei führt, gibt es sie ja trotzdem immer noch, die alten Techniken, die nach wie vor funktionieren und in den Nischen weiterleben, etwa im Nürnberger Kommkino, wo weiter überwiegend analoge Filme gezeigt werden. Auch aktuelle Produktionen wie Paul Thomas Andersons „Licorice Pizza“ werden immer noch auf herkömmlichem Filmmaterial gedreht.

Das „Unmögliche Projekt“ war übrigens erfolgreich: 2017 wird an der geretteten Firma in Enschede wieder die Polaroid-Fahne hochgezogen. Florian Kaps ist da schon längst nicht mehr an Bord, die neuen Besitzer haben ihm rechtzeitig das Tschüss angeboten und ihn nicht mal zur Party eingeladen.

Doch Doc Quijote bleibt ein Träumer und Getriebener ... und hat schon wieder Blut geleckt: Das Südbahnhotel Semmering, ein schickes Grandhotel aus alten k. u. k.-Tagen, schlummert seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf, Kaps will, muss es wachküssen. Jens Meurer ist dabei, die nächste Langzeit-Beobachtung bahnt sich an.

„An Impossible Project“ wird im Casablanca-Filmkunsttheater, Brosamerstraße 12, gespielt.

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