Maler projiziert Kunstwerke auf Mauern
Erste Bilder zum Spektakel: Ab heute leuchtet die Nürnberger Burg bunt
8.9.2021, 11:17 UhrPeter Angermann kann auch Nein sagen. Als dann die Anfrage vom Nürnberger Kulturreferat bei ihm landete, bei der – ursprünglich für das Frühjahr geplanten – "Blauen Nacht" die Nürnberger Kaiserburg unter dem Motto "Risiko" zu illuminieren, schüttelte der Künstler erst mal seinen damals noch winterbärtigen Dickschädel. "Risiko" - nein danke?
Skelette beim Strandurlaub
Nun ist es nicht so, dass dieser Maler das Risiko scheut. Wer bei keinem Geringeren als Kunst-Papst Joseph Beuys studierte und gegen ihn revoltierte, der kennt keine Angst, außer vielleicht, dass den Enkelchen etwas passiert. Wer Skelette beim Strandurlaub in farbensatten Gemälden in Szene setzt oder sich und seine Frau Renate als Liebesbärchen mit je einem Glas Rotwein in der Hand vor den herumtollenden besagten Enkelbärchen in Öl verewigt, der ist mit allen Wassern dieser Welt gewaschen.
Und stimmt ja auch: Als Schisser ist Peter Angermann mit seinen 76 Jahren bisher nicht in Erscheinung getreten. Weder als Kunstprofessor an der Nürnberger Akademie und noch weniger in der Szenekneipe Gregor Samsa, wo er mit Kollegen wie Dan Reeder, Harri Schemm oder Peter Hammer die "Nürnberger Schule" mitbegründet hat. Junge Wilde der Nordstadt waren sie in den 70er Jahren. Aber ein Ausstellungstitel namens "Risiko"? No! Naa! Njet!
Wenn Angermann nun seine großartigen, farbtrunkenen Motive von heute an bis 12. September 2021 an die Kaiserburg schmeißt, hat das weniger damit zu tun, dass der Hauptsponsor, eine große Nürnberger Versicherung, "Schutz und Sicherheit im Zeichen der Burg" verspricht.
Sondern eher damit, dass der Künstler die Sache nun selbst auf den Punkt gebracht hat. "No risk. No fun" lautet sein Schlachtruf und das Satzzeichen dazwischen ist bewusst gesetzt. Eben, weil er die Spaß- und Risikogesellschaft aufmischen will. Kein Risiko, kein Spaß? Ist ihm zu oberflächlich. Deshalb setzt er mal dazwischen einen Punkt.
Seitenhiebe auf den Schönheitswahn
An der Nürnberger Burg wird sich sein Bilderbogen mit Landschaftswahrnehmungen zwischen Idylle und Ironie, mit Seitenhieben auf Schönheitswahn und Geldgier, mit kritischen Bekenntnissen zur künstlichen Intelligenz und zärtlichen Liebeserklärungen an die Familie für alle sichtbar bis Sonntag drehen.
Wenn in der Stadt ein paar Blaulichter mehr blinken als sonst, hat das einen friedlichen Hintergrund: Mit Blinkys, blau leuchtenden Magnet-Pins, können Betrachter der kostenlosen Freiluft-Kunstaktion die nächste "Blaue Nacht" unterstützen. Azubis des Hauptsponsors bieten die runden Dinger feil, die sich übrigens auch prima als Blaulichter für Spielzeugautos im Kinderzimmer eignen.
Hautnah ist Angermann, der in der Oberpfalz lebt, wo viele seiner Landschaftsbilder unter freiem Himmel entstehen, am Samstag, 11. September 2021, im Kunstverein Kohlenhof zu erleben (Grasersgasse 15). Dort findet die Begleitausstellung zur Burgbildersause statt. Bevor Kulturbürgermeisterin Julia Lehner um 18 Uhr begrüßt und Andrea Dippel von der Kunstvilla die Laudatio hält, steht der unkomplizierte Künstler ohne "Risiko" - bei Einhaltung der gängigen 3-G-Regeln - jederfrau und jedermann ab 14 Uhr Frage und Antwort.
Noch mehr Löcher in seinen fränkischen Bauch wird ihn beim Künstlergespräch ab 19 Uhr Andreas Radlmaier fragen, der als Leiter des Projektbüros im Kulturreferat alles angezettelt hat.
2022 beleuchtet eine Frau
Auf den Anger-Mann folgt am 6. und 7. Mai 2022 eine Frau. Sascha Bank aus Fürth darf bei der "Blauen Nacht" 2022 die Kaiserburg anschminken. "So ein großes Kunstwerk habe ich noch nie gemacht", sagt Angermann über seine Burgprojektion heuer - "wobei": Auch die U-Bahnhaltestelle Hohe Marter hat er ja gestaltet. Besser breite Burg als hohe Marter? Wir werden sehen.
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