100 Konzerte in der Nürnberger Altstadt
Geklaute Musik? Bardentreffen fragt im Sommer nach kultureller Aneignung - und bietet Spannendes
28.6.2023, 18:55 UhrDas 46. Bardentreffen in Nürnberg steht in diesem Jahr unter dem Motto "Geklaute Laute?" und findet eine Woche vor dem Beginn der bayerischen Sommerferien von Freitag bis Sonntag, 21. bis 23. Juli 2023, statt. Bei rund 90 Konzerten auf acht Bühnen in der malerischen Altstadt werden aktuelle Trends der Weltmusik und des Global Pop präsentiert. Neben den über 400 internationalen Künstlerinnen und Künstlern des offiziellen Bühnenprogramms werden zudem viele Liedermacherinnen und Singer-Songwriter erwartet, die ihr Können in den Straßen und auf den Plätzen zum Besten geben werden.
Das Festival greift mit dem diesjährigen Motto die Diskussion um kulturelle Aneignung und musikalische Anerkennung auf. Wer darf welche Musik spielen? Dürfen fränkische Musiker Blues singen und europäische Bands Reggae machen? Muss Irish Folk "made in Ireland" sein und Tango "hecho en Argentina"? Was bedeutet Aneignung denn eigentlich? Gibt es eine gute, anerkennende Aneignung? Und was unterscheidet sie von einer schlechten, diskriminierenden?
Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner: "Wir laden die Menschen vor und auf unseren Bühnen dazu ein, sich diesen komplexen Fragen wie immer mit großer Neugier, Respekt und Weltoffenheit zu nähern. Dafür steht das Bardentreffen seit vielen Jahren. Das ist der Kern dieses musikalisch-künstlerisch grenzenlosen Festivals. Ich freue mich auf die Festivaltage, die Nürnberg zur Musikkapitale machen." Rainer Pirzkall, künstlerischer Leiter des Bardentreffens, ergänzt: "Es erweitert den eigenen Horizont, über die oft schwarz-weiß geführte Debatte um kulturelle Aneignung im Rahmen unseres internationalen Musikfestivals nachzudenken und den Begriff näher unter die Lupe zu nehmen."
Ein erster Blick ins diesjährige Programm verrät dann auch: Die Musikwelt ist voller Aneignungen. Beispiele gefällig? Die Congo Cowboys aus Südafrika fangen in einem wilden Ritt amerikanischen Bluegrass und Country mit afrikanischen Rhythmen ein. Das Orchestre International du Vetex aus Belgien bedient sich bei Latin, Balkan-Musik, Tarantella, Polka und Cumbia und mischt alles mit großer Raffinesse zu einem eigenen, neuen Sound. Jahneration hat den Reggae nach Frankreich entführt, das deutsche Quartett Cara hat sich dem Irish Folk verschrieben und die Sängerin Leléka und ihr Ensemble greifen in eine Kiste mit ukrainischen Volksliedern und Jazz.
Ganz frei vom Verdacht, irgendwann irgendwas "geklaut" zu haben, ist wohl keiner der Festivalgäste. Nicht das London Afrobeat Collective aus dem Herzen der britischen Metropole, nicht die Kubanerin La Dame Blanche, die ihre karibischen Wurzeln mit elektronischer Musik modernisiert, nicht Django 3000, die sich selbst als bayerische Gypsy-Rocker bezeichnen.Zusätzlich zum Konzertangebot stellt sich das Bardenreffen in Kooperation mit dem "folker", Deutschlands größtem Musikmagazin für Song, Folk & World, der Aufgabe einer theoretischen und gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit dieser kontroversen Thematik.
Im Pfarrhof und Kapitelsaal von St. Sebald sind dazu an allen drei Festivaltagen Interviews, Diskussionen oder Vorträge geplant. Zu Gast sein wird unter anderem Journalist und Autor Jens Balzer mit einem Impulsvortrag zur historischen Einordnung des Begriffsfelds. Außerdem vorgesehen ist eine Podiumsdiskussion mit unterschiedlichen Aktiven der Szene, ein Gespräch mit Festivalmachern oder ein Workshop zum Thema Urheberrecht.
Das Programmheft mit dem Gesamtprogramm ist für sechs Euro in den Buchläden der Region erhältlich beziehungsweise online bestellbar. Der silberne Instrumenten-Pin – in diesem Jahr ein Flügel – ist gegen eine Spende ab sechs Euro online über die Seite des Bardentreffens zu beziehen. Wer das Programmheft erwirbt oder eine Pin-Spende leistet, unterstützt die Refinanzierung des Bardentreffens und trägt dazu bei, dass dieses Festival weiterhin bei freiem Zugang zu erleben ist. Weitere Informationen unter www.bardentreffen.de
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