Sänger Phil Anselmo in der Kritik
Hitlergruß-Wirbel: Nürnbergs Grüne kritisieren Pantera-Auftritt bei Rock im Park
4.1.2023, 16:51 UhrDarf ein Musiker, der vor einigen Jahren auf einer Bühne den Hitlergruß gezeigt hat und die rassistische Parole "White Power" rief, an einem Ort auftreten, an dem Adolf Hitler und die Nationalsozialisten ihre Reichsparteitage abhielten und der Schauplatz für die nationalsozialistische Propaganda war? Diese Frage wird derzeit in den sozialen Medien ausgiebig diskutiert.
Es geht um Phil Anselmo, Sänger der US-amerikanischen Metal-Band Pantera, die 2023 ihr großes Comeback bei Rock im Park feiern soll. 2016 hob Anselmo während eines Tribute-Konzerts für einen verstorbenen Bandkollegen die rechte Hand zum Hitlergruß. Als er von der Bühne begleitet werden sollte, rief er die rassistische Parole "White Power" ins Publikum.
"Keine Bühne für Nazis"
Unter den Applaus mischten sich auch Buhrufe. Ein Fan hielt den Moment in einem Video fest und teilte es anschließend auf Youtube - über 1,3 Millionen Aufrufe sammelte der Clip in den letzten sechs Jahren. Anselmo zeigte sich im Nachgang zwar kleinlaut und entschuldigte sich in einem Video, dennoch blieb es nicht seine einzige rassistische und fremdenfeindliche Entgleisung.
Der Vorfall schlug 2016 in Kreisen der Metal-Szene hohe Wellen - jetzt hat die Diskussion aufgrund des Auftritts bei Rock im Park und dem Zwillingsfestival Rock am Ring in der Eifel auch Deutschland und die Musikszene erreicht. Autorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke, in den sozialen Medien unter dem Pseudonym "Quattromilf" bekannt, machte via Twitter und Instagram zuerst auf Anselmos Hitlergruß aufmerksam. "Stell dir vor, du bist schwarz, jüdisch oder in anderer Weise marginalisiert, gehst auf ein Festival und ein Typ auf der Bühne schreit 'White Power'", schrieb sie auf englisch in einem Instagram-Post. Ihre Forderung: Nazis dürfe keine Bühne gestellt werden, der Veranstalter Argo Konzert müsse Pantera ausladen.
Auch Rapper Chefket äußerte sich mehrmals auf seinem Instagram-Account. Er beklagt vor allem "die Abwesenheit bzw. das Stillschweigen der deutschen Künstler*innen ohne Migrationshistorie. Kein*e Künstler*in hat sich dazu geäußert. Vor allem die, die sich gerne als links bezeichnen und dafür gefeiert werden. Immer sind es Schwarze oder Kanaks die darauf aufmerksam machen müssen. Ist doch traurig". Die Posts und Stories von Kuhnke und Chefket wurden zigfach geteilt, auch unter dem letzten Post auf dem offiziellen "Rock im Park"-Instagram-Account häufen sich wütende Kommentare und der Hashtag #keinebuehnefuernazis.
Sorgte in den ersten Tagen Anselmos Video für Diskussionen, konzentriert sich der Ärger mittlerweile zunehmend auf den Veranstalter Argo Konzerte. Bislang gab es noch keine Reaktion auf die Forderung, Pantera auszuladen - was wohl am Betriebsurlaub der Firma bis zum 5. Januar liegt, wie in der automatischen Antwort auf die Anfrage der Redaktion zu lesen ist.
Die Causa Anselmo liegt derweil auch bei den Fraktionen im Nürnberger Stadtrat auf dem Tisch. Kuhnke, Ex-SPD-Mitglied, wandte sich via Instagram an den Vorsitzenden der Nürnberger SPD, Nasser Ahmed. Es sei wichtig, "mit einem antifaschistischen und postkolonialen Blick alle Lebensbereiche, auch Kunst, Kultur und Festivals, zu durchleuchten", schrieb er auf Instagram. Der "Ausrutscher", wie Anselmo seinen Hitlergruß bezeichnete, sei in seinen Augen trotzdem unentschuldbar. Er appellierte an den Veranstalter, die Entscheidung über einen Auftritt von der Band "an diesem historisch belasteten Ort" zu überdenken.
Für die Grüne Stadtratsfraktion überschreitet der geplante Auftritt Anselmos auf dem Reichsparteitagsgelände "deutlich die Grenze des Tragbaren", wie sie in einer Stellungnahme schreiben. "Für uns ist Pantera kein Einzelfall. So kann und darf es nicht abgetan werden. Es reiht sich ein in Ausreden der Unwissenheit. So wird das ehemalige Reichsparteigelände bewusst für die Inszenierung und Reproduktion von rassistischer und menschenverachtender Ideologie missbraucht", erklärt Réka Lörincz, Sprecherin gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Was sagt die Stadt?
Lörincz wendet sich auch an die Stadt Nürnberg: "Die Stadt muss alle rechtlichen Möglichkeiten in der Zukunft bis zur äußersten Grenze ausschöpfen, um Veranstalter bereits im Vorfeld in die Pflicht zu nehmen, eingeladene Redner*innen, Musiker*innen, Künstler*innen, Politiker*innen und weiteren Akteur*innen zu überprüfen, ob diese rechtsextreme, rassistische, menschenverachtende Ideologien öffentlich verfolgen oder verfolgt haben." Nürnberg müsse seinem Beinamen als Stadt des Friedens und der Menschenrechte gerecht werden, so die Grünen.
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