Laut Stadt ein illegales Statement: Künstler bemalen Steintribüne mit Regenbogenfarben

28.10.2020, 12:46 Uhr
Regenbogenfarben über der "Führerkanzel".

© Peter Kunz Regenbogenfarben über der "Führerkanzel".

"Das Regenbogen-Präludium" heißt, laut Pressemitteilung des Künstlerkollektivs, das Werk, das in der Nacht auf Mittwoch entstanden ist - ohne Genehmigung. "Wir haben nicht um Erlaubnis gebeten", schreiben die Künstler, "denn wir halten diesen Diskursbeitrag für nötig". Die Aktion versteht sich als Beitrag zur Debatte, wie mit dem Reichsparteitagsgelände weiter zu verfahren sei. Außerdem: "Wir bewerben uns mit dieser Arbeit für eine Ausstellung im Cube 600 für das letzte Quartal 2021." Das bezieht sich auf einen Ausstellungsraum, der im November beim Memorium Nürnberger Prozesse - in unmittelbarer Nachbarschaft des Schwurgerichtssaals 600 - eröffnet werden soll.

Zu ihren Motiven schreiben die Künstler: "Wir sind die letzte Generation, die mit Zeitzeugen des Holocaust sprechen kann. Wir sind Kinder, Enkel und Urenkel dieser Zeugen eines schwer vorstellbaren Verbrechens gegen die Menschlichkeit." Weiter heißt es: "Wenn wir vergessen, wiederholt sich die Geschichte." Der Regenbogen sei "mit wasserlöslicher Farbe ... oberhalb der 'Führerkanzel'" angebracht worden: "Wir betrachten dies als schwer zu missdeutendes Symbol."

Von einem Informanten, der die Künstlergruppe kennt, ist zu erfahren, dass auch der Zeitpunkt sehr bewusst gewählt wurde. Die Entscheidung um die Bewerbung Nürnbergs zur Kulturhauptstadt ist bereits gefallen, die Jury gibt heute das Ergebnis bekannt. Man habe sich "nicht vor den Karren spannen lassen", beziehungsweise die Entscheidung beeinflussen wollen, so die Information.

"Respektvoll und lebensbejahend"

In der Stellungnahme geht das Künstlerkollektiv weiter auf die Diskussion über die Nutzung des Reichsparteitagsgeländes ein: "Abstraktion, Komplexität und oft die schiere Mittelbarkeit auch heutiger Gräuel taugen weder als Ausrede, Argument oder Entschuldigung. Wir sind mit dem Diskurs zum Umgang mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände vertraut – und teilweise einverstanden. Jedoch darf die kuratorische Praxis nicht zu sehr filtern. Sonst wird der Zugang zum Diskurs erschwert."

Am Ende des Statements heißt es: "Wir bitten darum unseren Beitrag als respektvoll und lebensbejahend zu begreifen. Denn der Diskurs wiegt schwer, ist anstrengend und schließt viele aus. Unser Regenbogen ist daher auch Ausdruck ernstgemeinter Kritik. Eigentlich ist er ganz leicht zu verstehen – für viele."

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