Kolumne
Mission Corona: Greifen Sie hart durch, Herr Breuer!
3.12.2021, 08:06 UhrLieber Carsten Breuer
alles, was ich über Sie lese und höre, klingt ziemlich prima: fleißig, integer, uneitel, entscheidungsfreudig, strukturiert -, super Typ, der Herr Generalmajor! Ich hoffe wirklich, dass unser Kampf gegen das Corona-Virus unter Ihrer Feldherrschaft endlich vom Rückzugs- in den Angriffsmodus übergeht.
Ein paar Fragen hätte ich dazu allerdings schon. Sie müssen das verstehen, Herr Breuer, im Gegensatz zu Olaf Scholz beschert mir nämlich das Einsetzen eines (weiteren) Krisenstabs allein noch kein Hochgefühl. Und dass da jetzt die Bundeswehr maßgeblich beteiligt ist, nun ja...
Wir reden doch von der gleichen Organisation, die der Wehrbeauftragte Jahr für Jahr als, sorry, desolaten Haufen beschreibt? Also von Landesverteidigern, die mit Gewehren unterwegs sind, die nichts treffen, mit Panzern, die nicht rollen, mit Hubschraubern, die über dem Meer rosten, und mit U-Booten, die nicht tauchen. Ganz zu schweigen von einer sich selbst fesselnden Bürokratie, die es offenbar regelmäßig nötig hat, für ein Heidengeld externe Berater zu verpflichten.
Ich will es so sagen, Herr Breuer: Als Quell besonderer Problemlösungskompetenz ist mir die Bundeswehr bisher nicht aufgefallen. Ich bin schon dankbar, dass gerade der Militär-Airbus flugtauglich ist, der Intensivpatienten auf Krankenhäuser mit Restkapazitäten verteilt.
Mag sein dass Sie trotz allem der Ober-Logistik-Checker sind. Sie sollen die "Koordinierung und Zusammenarbeit bei der Steuerung der Impfkampagne, bei Impfstofflieferung und -verteilung stärken", weil das in Portugal und Italien auch von Generälen organisiert wurde und die beiden Länder corona-mäßig gerade viel besser dastehen als wir. Echt jetzt? Wenn für die Portugiesen und die Italiener zwei Komiker die Kohlen aus dem Feuer geholt hätten, würde dann unseren Krisenstab Otto Waalkes leiten?
Ich weiß, Herr Breuer, den Spott haben Sie persönlich nicht verdient. Mir ist nur schleierhaft, warum nach zwei Jahren Pandemie immer noch jemand gebraucht wird, um einen schlauen Plan für eine Impfkampagne zu entwerfen. Im Kanzleramt und im Bundesgesundheitsministerium arbeiten zusammen 1300 Leute, und da war in der ganzen Zeit wirklich niemand zu finden, der das gleiche könnte wie Sie?
30 Millionen Dosen bis zum Jahresende, Herr Generalmajor, das ist die Messlatte, die Ihnen die Ampeltruppe hingelegt hat. Vakzine, die nicht bestellt wurden, werden freilich selbst Sie kaum verteilen können.
Von mir aus erhalten Sie jedenfalls die Lizenz, jeden in den Hintern zu treten, der meint, das Virus ließe sich irgendwie aussitzen. Innerlich schlage ich vorauseilend gehorsam die Hacken zusammen, und glauben Sie mir, das fällt mir als Ex-Zivi echt schwer. Aber egal, was tut man in diesen Zeiten nicht alles fürs Vaterland.
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