Faber am Abgrund: So war der neue Dortmunder "Tatort"
14.4.2019, 21:45 UhrUm was geht's? Im von außen abgesperrten Ruheraum einer Klinik liegt der leblose Körper von Dr. Mohnheim. Der Kopf der Internistin steckt in einer Plastiktüte. Außerdem ist sie nur halb bekleidet. Obwohl in der Einrichtung hektisches Gewusel herrscht, will keiner der Mitarbeiter etwas gesehen haben. Die Ermittler stehen zunächst vor einem Rätsel, denn auch Chefarzt Norstädter stellt sich schützend vor seine Truppe.
Was passiert sonst so? Der zuletzt eher aufgeräumt wirkende Faber ist wieder zutiefst verzweifelt. Orientierungslos streift er durch die Nächte. Näher als jemals zuvor steht der von Alpträumen geplagte Fahnder am Abgrund. Die unerwartete Hoffnung auf Heilung vor Augen treibt Faber dazu, ein Spiel mit dem Feuer einzugehen, und einmal mehr seine Kollegen im Ungewissen zu lassen.
Die Geschichte hinter der Geschichte: Richard Huber lässt in "Inferno" die Welten von Menschen aufeinanderprallen, die sich permanent in Ausnahmesituationen befinden. Hier die Kripo, da Ärzte und Pflegepersonal. Beide Seiten kämpfen tagtäglich mit Übermüdung, und Überlastung. Daher schwingt in Hubers Film, in dem keine Häuser in Flammen stehen, sondern Körper innerlich brennen, eine leise Gesellschaftskritik mit. Richtig laut wird diese, als Pawlak in einer Szene richtigerweise feststellt, dass Pflege miserabel bezahlt werde.
Apropos Pawlak: Der WDR sollte es in Erwägung ziehen, Kommissar Jan Pawlak einen Sprachlehrer zur Seite zu stellen. Das Genuschel des Testosteron-Stiers, der ständig mit den Kieferknochen malmt und deshalb seinen Mund nicht aufbekommt, nervt.
Eine der Szenen des Films spielt sich im Ruheraum der Notaufnahme ab, als Faber und Boenisch den möglichen Tathergang eindrucksvoll simulieren. Anhand dieser einen Szene erkennt man das große Können der beiden Schauspieler.
Performance des Films: Alex Brendemühl legt in der Rolle des sofort vertrauenserweckenden aber zugleich höchst unheimlich wirkenden Chefarztes eine exzellente Darbietung aufs Parkett.
Beobachtung des Films: In der Ruhr-Emscher-Klinik, wo Menschen nach Unfällen zusammengeflickt werden und Betrunkene lebenswichtige Flüssigkeiten erhalten, erfahren selbst Tiere in Not Hilfe, wenn auch nur heimlich in einem stillen Kämmerlein.
Lapsus des Films: Achten Sie in Minute 23 ganz genau auf die kleine Essenstüte, die Boenisch mit in die Personalküche des Präsidiums bringt. Dabei werden Sie feststellen, dass der Beutel samt Inhalt in zwei direkt aufeinander folgenden Einstellungen wie durch Geisterhand bewegt seine Position verändert. Tja, Fehler passieren eben überall, sogar im Fernsehen.
Erkenntnis des Films: Sich eine Plastiktüte über den Kopf zu ziehen, ist keine gute Idee.
Unser Fazit: An "Inferno" gibt es kaum etwas zu bemängeln. Die Story ist griffig, die filmische Umsetzung gelungen. Sogar die Stadt Dortmund kommt dieses Mal gut weg. Im Gegensatz zu "Zorn", das OB Sierau zum Anlass nahm, sich lautstark um das Dortmunder Image zu sorgen, erstrahlt die Metropole in "Inferno" vorwiegend in einem frühlingshaften Licht. Dafür vergeben wir eine glatte Zwei.
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