Matthias Kröner
Fränkische Lyrik per Mail: Exil-Nürnberger startet "Mundart-Monat"
28.9.2021, 10:54 Uhr"Es hat lange gedauert, bis das "Moin" über meine Lippen kam, ohne dass ich mich komisch gefühlt habe." Matthias Kröner lacht. Doch so grüßt man sich nun mal, wo er wohnt: Moin ist das Servus des Nordens. Und dort, genauer gesagt in Lübeck, lebt der 43-jährige Schriftsteller, Lyriker, Mundart-Autor und Reisebuch-Autor seit 2007. Aber geboren, und das hört man im Telefongespräch schön heraus, ist er in Nürnberg. Bis zum sechsten Lebensjahr wuchs er in Gibitzenhof auf, dann zog die Familie nach Oberasbach in den Landkreis Fürth.
Sein literarisches "Erweckungserlebnis", wie er es schmunzelnd nennt, hatte er mit dem Roman "Cujo" von Stephen King. Er beeindruckte ihn derart, dass er von den Comics – seinem bis dato einzigen Lesestoff – abrückte, zum absoluten King-Fan und zur Leseratte wurde. "Ich begann mich allgemein für Literatur zu interessieren und belegte später auf dem Gymnasium auch den Leistungskurs Deutsch", blickt er zurück. Da hatte er seine ersten eigenen schriftstellerischen Gehversuche schon unternommen: "Ich war 16 und unglücklich verliebt", seufzt er vielsagend. Er erprobte sich in Gedichten und anderen literarischen Kurzformen. Die Mundart, sagt er, habe sich für ihn angeboten: "Ich habe nach Sprache gesucht und im Fränkischen meinen Ausdruck gefunden."
Plötzlich das wirkliche Leben
Nachhaltig prägend und inspirierend für sein Schreiben war dann seine Zivi-Zeit. "Ich war bei der AWO in Fürth, bin mit einem Bus zu den Leuten gefahren, habe eingekauft und geputzt", erzählt er. Und: "Ich habe mit den Menschen geredet." Kröner war fasziniert. "Nach 13 Jahren Schule lernte ich plötzlich das wirkliche Leben kennen", sagt er schmunzelnd. Er hielt die Geschichten fest, veröffentlichte ein paar in einer Zivi-Zeitschrift, heimste einen extra ins Leben gerufenen Sonderpreis der Nürnberger Kulturläden ein, durfte seine Texte im Radio vortragen. "Das war eine tolle Motivation für mich, weiterzumachen." Das tat er parallel zu seinem Studium. Er schrieb eigene, fränkische Texte, aber auch Konzertkritiken für lokale Zeitungen.
Trotz seiner engen Verbundenheit zu seiner Heimat zog es Kröner mit 30 Jahren weg aus Franken. "Meine Freundin lebte in Berlin, wir wollten beide mal etwas anderes sehen und so zogen wir zusammen nach Lübeck", blickt er zurück. Heute sind die beiden verheiratet und haben zwei Kinder. Die Frage, ob sich der Autor im hohen Norden wohlfühlt, erübrigt sich da. Aber: "Seine ursprüngliche Heimat vergisst man nicht", versichert er. Was er am meisten vermisst? Das Essen, kommt ohne zu zögern die Antwort. "Manchmal bestellen wir uns ein Holzofenbrot und lassen es uns schicken", sagt Kröner lachend.
Fränkischer Newsletter
Mitten in der Corona-Zeit entwickelte er die Idee für einen täglichen lyrischen Newsletter: Jeden Tag bekamen Abonennten kleine literarische Leckerbissen aus seiner Feder frei Haus geliefert. "Die Rückmeldungen waren so positiv, dass ich jetzt im Oktober einen fränkischen Newsletter herausbringe", verrät Kröner. Ein "Best of" seines 25-jährigen Mundartschaffens. "Da sind Texte aus meiner Zivi-Zeit dabei, aber auch aus anderen Büchern und ganz neue", sagt er. Weitere Besonderheit: Kröner hat die Texte auch eingesprochen, so dass die Gedichte und Geschichten "aff Fränggisch" nicht nur zu lesen, sondern auch zu hören sind. Der "Mundart-Monat" (Anmeldung über www.fairgefischt.de) wird übrigens von den drei Kulturämtern der Städte Nürnberg, Fürth und Erlangen gefördert, ist deshalb kostenlos – und steht für kulturellen Austausch während der Pandemie: Social Distancing zum Trotz und absolut virenfrei. Also: Fei glei abboniern!
Seine Kultour-Tipps: Zwar bekannt, doch unbedingt zu loben und viel Publikum für die wieder startenden Veranstaltungen wünscht Matthias Kröner den Kulturläden Nord (Wurzelbauerstraße 29) und Ziegelstein (Ziegelsteinstraße 104): "Beide Kulturstätten haben die Schriftstellerei während der Pandemie durch Online-Lesungen und CDs weiterleben lassen!" Wer sich für fränkische Mundart interessiert, kommt um den ars vivendi verlag nicht herum. "Hier entstehen edle Mundart-Bände, auch von unerwarteten Autoren des Genres, z. B. von Gerhard Falkner oder Ludwig Fels."