Nürnberger Steintribüne: Stadt ließ Regenbogenfarben wieder entfernen

30.10.2020, 15:51 Uhr
Nürnberger Steintribüne: Stadt ließ Regenbogenfarben wieder entfernen

© Foto: Agnes Reindl

Das "Regenbogen-Präludium" war ohne Genehmigung entstanden und sollte am Tag der Entscheidung, ob Nürnberg Kulturhauptstadt Europas 2025 wird, für Aufmerksamkeit sorgen. Und damit einen Beitrag zur Debatte leisten, wie mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände umgegangen werden soll, verbunden mit einem klaren Statement gegen Rechtsextremismus.

"Weil wir als mündige Menschen die Verantwortung mittragen möchten, haben wir mit wasserlöslicher Farbe einen Regenbogen oberhalb der ,Führerkanzel' gemalt. Wir betrachten dies als schwer zu missdeutendes Symbol. Und wir haben nicht um Erlaubnis gebeten – denn wir halten diesen Diskursbeitrag für nötig", hatte die Künstlergruppe mitgeteilt.

Die Aktion sorgte für viel Aufsehen und Medienecho, größtenteils waren die Reaktionen positiv. Auch die Stadt reagierte offen: „Die Auseinandersetzung mit dem Erbe der NS-Zeit mit Mitteln der Kunst ist ein zentrales Anliegen. Temporäre künstlerische Interventionen sind deshalb zu begrüßen. Sie bedürfen jedoch der Absprache und müssen mit dem Denkmalschutz vereinbar sein", so Kulturbürgermeisterin Julia Lehner.

Das Kulturhauptstadt-Bewerbungsbüro teilte mit, dass die Bewerbung von Beginn einen der Schwerpunkte darauf gesetzt hatte, "sich durch die Mittel von Kunst und Kultur mit dem Erbe der NS-Zeit auseinanderzusetzen". Die Aktion aus der Szene heraus habe ein wichtiges Zeichen gesetzt und sei ein "Statement, das wir unterstützen".

Nürnberger Steintribüne: Stadt ließ Regenbogenfarben wieder entfernen

© Stefan Hippel

Trotzdem ist das bunte Werk jetzt verschwunden. Nach einer ersten Begutachtung am Mittwoch hatte das Hochbauamt entschieden, dass schnell gehandelt werden muss. Die Farbpigmente würden trotz der Wasserlöslichkeit in den Naturstein eindringen und ihn so beschädigen.

Außerdem ist laut dem Leiter des Liegenschaftsamtes Claus Fleischmann Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt worden. Das sei allerdings ein ganz normaler Vorgang, in solchen Fällen werde automatisch Anzeige erstattet.

Die Künstlergruppe ist dennoch enttäuscht: "Unser Entschluss, die Steintribüne als temporäre Leinwand zu verwenden, müsste als legitimer Diskursbeitrag gewertet werden und bedarf nicht der strafrechtlichen Verfolgung", heißt es in einer Pressemitteilung. "Kunstfreiheit gehört zu den am stärksten geschützten Grundrechten des deutschen Grundrechte-Katalogs."

Es stelle sich die Frage, ob hinter der Strafanzeige nicht politische Motive stehen. "Unsere Rechtsberatung attestierte uns ein ,Restrisiko` - so würde wegen der Materialeigenschaften unserer wasserlöslichen Farbe der Staatsanwaltschaft die Arbeit am Ende recht schwer fallen."

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