Nürnbergs neuer Konzertsaal: Zu wenige Plätze, zu teure Karten?

Dominik Mayer

Nürnberger Zeitung

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25.4.2019, 05:55 Uhr
Nürnbergs neuer Konzertsaal: Zu wenige Plätze, zu teure Karten?

© Johannes Kappler Architektur

 Es ist ohne Zweifel das kulturpolitische Leuchtturmprojekt Nürnbergs: Der Bau eines neues Konzertsaals, der nur wenige Meter westlich der Meistersingerhalle entstehen soll. Die Mehrzweckhalle soll dann hauptsächlich für Popkonzerte und große Kongresse genutzt werden. Klassische Konzerte hingegen wird das Publikum dann meist in dem neuen Konzerthaus genießen – nicht wie bisher in der Meistersingerhalle. "Das wird ein Besuchermagnet für die gesamte Metropolregion", ist sich Norbert Gubo sicher. Er leitet die Nürnberg Musik GmbH, die etwa 20 Konzerte pro Jahr in der Meistersingerhalle veranstaltet.

Doch gerade die potenzielle Anziehungskraft der neuen Spielstätte macht Gubo auch Sorgen. Schon heute ist die Meistersingerhalle, die immerhin gut 2100 Besucher fasst, an manchen Abenden ausverkauft. Da erscheint die Kapazität des neuen Saales mit 1500 knapp bemessen. "Ich würde mir mehr Plätze wünschen", gibt er unumwunden zu. "Aus meiner Sicht wären 1800 Plätze optimal gewesen." Private Veranstalter wie Gubo werden durch die geringere Besucherzahl künftig anders kalkulieren müssen. "Die Preise werden sicher steigen, was dann am Markt durchsetzbar sein wird, muss man sehen."

"Wir finden, der Saal ist zu klein" 

Trotzdem betont er, dass er sich auf den neuen Konzertsaal sehr freut. Auch sein Unternehmen sei in die Planungen involviert gewesen, die Stadt habe sich viel Mühe gegeben, alle Seiten einzubinden. Gubos Unternehmen ist, wie andere große Konzertagenturen, Mitglied in der Konzerthaus-Kommission, einem Gremium, das die Stadt gegründet hat, um den Bau des Saales zu begleiten. Beatrice Hörtnagel, Geschäftsführerin der Konzertagentur Hörtnagel, ist ebenfalls Mitglied in dieser Kommission. Regelmäßig richtet ihr Unternehmen Konzerte in der Meistersingerhalle aus, knapp 1700 Besucher kommen im Schnitt.

Hörtnagel hat daher eine klare Meinung: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass 1700 Plätze ideal gewesen wären. Wir finden, der neue Saal ist zu klein." Zwar sieht auch sie den geplanten Neubau "insgesamt auf jeden Fall sehr positiv", sie befürchtet aber,  dass die ganz teuren Orchester ohne Zuschüsse fast nicht zu finanzieren seien. Ihr Unternehmen könne dies durch Synergieeffekte mit den Albert Konzerten Freiburg jedoch größtenteils ausgleichen. Freie Klassik-Veranstalter ohne einen treuen Abonnentenstamm werden sich dagegen schwer tun. "Es ist noch nicht vorhersehbar, ob die Kartenpreise steigen werden, aber wir sind womöglich dazu gezwungen", so Hörtnagel.

Die Nürnberger Philharmoniker zeigen sich mit der Saalgröße hingegen zufrieden. Symphoniker-Intendant Lucius Hemmer, dessen Orchester etwa 30 mal pro Jahr in der Meistersingerhalle auftritt, beurteilt die Frage nach der Kapazität indes differenziert. Zwar habe man zuletzt auch einige Konzerte mit mehr als 2000 Zuhörern gehabt, trotzdem werde der neue Konzertsaal "eine Größe haben, die den Markt gut abbildet". Allerdings könne es sein, dass in Zukunft alle Konzerte ausverkauft sind. Korrigiert werde die Planung jedoch wohl nicht mehr werden.

Stadtratsbeschluss erfolgte einstimmig

Das unterstreicht Robert Vogel, Bauherrenbeauftragter des Kulturreferats für Kulturgroßbauprojekte: "Da wird jetzt nichts mehr verändert." Vogel erklärt, er kenne die Perspektive der privaten Veranstalter, schließlich habe er selbst 20 Jahre seine Berufslebens als Konzertveranstalter gearbeitet. Aber: "Von Anfang an waren in den Prozess alle Seiten eingebunden." Im Juli 2017 hat der Stadtrat den Bau eines Saales mit circa 1500 fest montierten Sitzplätzen einstimmig beschlossen. Schon aus atmosphärischen Gründen sei ein kleiner, stets gut gefüllter Saal besser als ein großer, in dem regelmäßig zahlreiche Stühle leer bleiben, argumentiert Vogel.

Außerdem betont er, dass die große Meistersingerhalle nach Fertigstellung des Konzerthauses als Spielstätte erhalten bliebe – auch für klassische Konzerte. "Wenn man weiß, man verkauft für einen Termin locker 2000 Karten, dann geht man eben rüber.“ Zudem verweist der Bauherrenbeauftragte darauf, dass andere Konzerthallen – wie etwa in Berlin, Dortmund oder Bamberg – ähnlich groß sind wie der zukünftige Nürnberger Saal. "An vielen Abenden wird es ohnehin 1620 Plätze geben und nicht nur 1500", erklärt Vogel. Benötige eine Veranstaltung keinen Chor, würden die Chorplätze auf den Rängen hinter dem Orchester für Besucher freigegeben.

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