Solo Sunny-Darstellerin Renate Krößner ist tot
26.5.2020, 18:55 UhrAls Ingrid "Sunny" Sommer wurde sie auf den beiden Seiten der Berliner Mauer bekannt: Renate Krößner spielte mit der aufstrebenden Sängerin in "Solo Sunny" eine der bewegendsten Rollen des DDR-Kinos. Mit weißer Kappe und Pelz sang sie Chansons, Balladen und Jazz-Titel. Als kühle und zerbrechliche Diva wurde sie mit dem Silbernen Bären der Berlinale ausgezeichnet.
Die Schauspielerin, die nach ihrem großen Erfolg in den Westen ging, ist nun im Alter von 75 Jahren in Blankenfelde-Mahlow bei Berlin gestorben, wie die Defa-Stiftung am Dienstag unter Berufung auf das Umfeld der Familie bestätigte.
Die 1945 in Osterode im Harz geborene Krößner hatte nach dem Abschluss an der Staatlichen Schauspielschule Berlin zunächst an Bühnen in Parchim, Stendal, Senftenberg und Brandenburg an der Havel gearbeitet und ging dann zum Kino.
Ihr erster großer Film, "Eine Pyramide für mich" von 1973, wurde auf Eis gelegt, weil er zu offensichtlich die Menschenverachtung eines Karrieristen aufs Korn nahm. Doch damit hörten die Reibereien mit der DDR-Kulturbürokratie nicht auf. Nachdem sie gemeinsam mit Manfred Krug für "Feuer unter Deck" vor der Kamera gestanden hatte, stellte der Schauspieler seinen Ausreiseantrag. Der Film verschwand daraufhin in der Schublade.
1979 spielte sie in Heiner Carows Publikumserfolg "Bis dass der Tod euch scheidet" neben Katrin Sass. Und dann kam 1980 der Sprung: Der Regisseur Konrad Wolf bot Krößner die Hauptrolle in "Solo Sunny" an. Darin spielte sie die aufstrebende Jazz-Sängerin, die an den Widerständen der Männergesellschaft scheitert. Der Film zeigte eine unangepasste DDR-Jugend, die sich nicht auf die Versprechen des Staatssozialismus verlassen wollte. Für ihren Auftritt bekam sie noch im selben Jahr den Silbernen Bären der Berlinale als beste Darstellerin.
Doch auch dieser Film missfiel der DDR-Bürokratie, Krößner wurde mit einem Rollenboykott bestraft. Ihr Spiel galt wohl als zu individualistisch, ihr Engagement für die offizielle Ideologie als zu halbherzig, sagte sie später in einem Interview. "Ich hasse es", meinte sie dazu, wenn im SED-Organ "Neues Deutschland" Schauspieler oder andere Künstler gedrängt würden, unter Überschriften wie "Warum ich meinen Staat liebe – Ich gehöre hierher – Hier ist meine Heimat" politisch Stellung zu nehmen.
Den Boykott, den sie erleiden musste, stellte sie direkt in Zusammenhang mit ihrem Auftritt in "Solo Sunny", für den Wolfgang Kohlhaase das Drehbuch und Günther Fischer die Musik geschrieben hatten: "Für die Kunstfigur Sunny wollten sie nicht noch ein offizielles Vorbild, eine lebende Sunny haben." Krößner hatte Individualität und Selbstbehauptung nicht nur verkörpert, sondern auch gelebt, wie die Defa-Stiftung in einem Porträt über sie schrieb.
1982 wurde ihr noch einmal eine Rolle am Deutschen Theater in Ost-Berlin angeboten: Die Aufführung der "Legende vom Glück ohne Ende" von Ulrich Plenzdorf wurde kurz vor der Premiere wegen "ideologischer Bedenken" abgeblasen.
Später war sie noch kurz im Fernsehen der DDR präsent, unter anderem in dem fünfteiligen TV-Film "Verflucht und geliebt" sowie in der Fontane-Verfilmung "Mathilde Möhring". Doch 1983 stellte sie einen Ausreiseantrag und reiste 1985 mit ihrem Sohn und ihrem Lebensgefährten, dem Schauspieler Bernd Stegemann, nach West-Berlin.
Im Westen konnte sie ihre Karriere fortsetzen und spielte unter anderem an Bühnen in Basel, dem Residenztheater München und in der Berliner Schaubühne. Auch trat sie in Fernsehrollen auf, unter anderem im "Tatort" und in Serien wie "Liebling Kreuzberg", "Stubbe – von Fall zu Fall" neben Wolfgang Stumph und als Hauptkommissarin in "Einmal Bulle, immer Bulle". Zu ihren Kinorollen gehörten Auftritte unter anderem in "Helden wie wir" und "Alles auf Zucker".
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