"Wieder da!" - Wie glanzvoll war die Operngala in Nürnberg?

12.10.2020, 17:10 Uhr
Leuchtender Sopran, der in der Arie "D'amor sulle ali rosee" aus Verdis Oper "Il trovatore" auch in die Tiefen der Trauer hinabsteigt: Emily Newton.

© LUDWIG OLAH, NZ Leuchtender Sopran, der in der Arie "D'amor sulle ali rosee" aus Verdis Oper "Il trovatore" auch in die Tiefen der Trauer hinabsteigt: Emily Newton.

Mit dem Titel „Wieder da!“ hat sich das Opernhaus am Sonntagabend energisch zurückgemeldet - nachdem man bereits mit Monteverdis „L’Orfeo“ am letzten Wochenende ein starkes Lebenszeichen gesendet hatte. Nun aber galt es, eine Operngala zu zelebrieren, also ein Stück weit jene Festlichkeit zurückzuholen, die in normalen Zeiten oft ebenfalls Teil eines Opernbesuchs ist.

Fünf Sängerinnen und Sänger des Opernensembles luden zu einer Reise durch so bekannte wie beliebte Titel des Repertoires ein. Christian Reuter hatte die Musikstücke für die in Kammerorchesterstärke – soll heißen: 30 Instrumentalisten – aufspielende Staatsphilharmonie Nürnberg arrangiert, Guido Johannes Rumstadt dirigierte.

Und gleich die Hallen-Arie der Elisabeth aus Wagners „Tannhäuser“ wurde zum Knüller. Emily Newton ließ mit ihrem vitalen, in den Höhen Funken sprühenden Sopran den Text in einer Weise glänzen, der unmittelbar berührte: „Dich, teure Halle, grüß’ ich wieder, froh grüß’ ich dich, geliebter Raum! In dir erwachen seine Lieder, und wecken mich aus düstrem Traum.“


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Leider ist der düstere Traum namens Corona noch nicht vorüber, doch hier forderte der Gesang energisch sein Recht zurück. Dass Wagners orchestrale Klangdichte bei nur 30 Musikern Federn lassen muss, war zu verschmerzen, und Wolframs Arie „O Du mein holder Abendstern“ ist sowieso von lyrischer Klangintimität. Sangmin Lee setzte mit seinem Bariton hier eher auf oratorische Strenge und vielleicht eine Brise zu viel Andacht.

Orchester schwächelte bei Wagner

Musikalisch galt bei den Arien also: Sängerisch waren sie mit der Stimme der Solistin oder des Solisten quasi voll besetzt, orchestral dagegen deutlich abgespeckt. Während da Wagner etwas schwächelte, konnte man bei den an diesem Abend zitierten Verdi-Opern dagegen geradezu analytische Erkenntnisse gewinnen.

Etwa, wie das Cello die melancholisch-düstere Stimmung von König Filippos Arie „Ella giammai m’amò“ spiegelt. Taras Konoshchenko gelang mit seinem kraftvollen, nuancenreichen Bass dazu ein hervorragendes Charakterporträt eines machtvollen, aber umso einsameren Herrschers.

Erntete viel Applaus für Verdi-Arien: Andromahi Raptis sang "E strano" aus "La traviata" und "Caro nome" aus "Rigoletto". 

Erntete viel Applaus für Verdi-Arien: Andromahi Raptis sang "E strano" aus "La traviata" und "Caro nome" aus "Rigoletto".  © LUDWIG OLAH, NZ

Mehr noch gilt das für Andromahi Raptis, die Violettas Erschütterung über eine ihr bislang unbekannte Liebesempfindung in der Arie „È strano“ mit ihrem leuchtenden Sopran binnen zehn Minuten in ein trotziges Bekenntnis zu Freiheit und leichtem Leben umdeutet.

Für dieses Meisterstück erntete Raptis den größten Applaus an diesem Abend. Und „La Traviata“, die Oper, über der der Tod durch Atemnot und Schwindsucht wie ein Menetekel kreist, wurde zum Zentrum dieser Gala. Mit einem schmerzvoll intensiven Vorspiel zum 3. Akt ebenso wie der von Tadeusz Szlenkier mit aufrichtig-noblem Tenor vorgetragenen Liebesglück-Arie des Alfredo: „Dei miei bollenti spiriti“.

Bekanntlich hat Alfredos Vater Giorgio etwas gegen diese Liebe: In „Di provenza il mar“ beschwörte Sangmin Lee mit viel Stimmgefühl ein bukolisch eingefärbtes Gegenidyll, das Alfredo vom vermeintlichen Lotterleben mit Violetta abhalten soll.

Zwei starke Charakterporträts aus weiteren Verdi-Opern gelangen Emily Newton (Leonoras „D’ amor sulle ali rosee“ aus „Il Trovatore“) und Andromahi Raptis (Gildas „Caro nome“ aus „Rigoletto“).

Mozart funktioniert mit 30 Musikern hervorragend

Mozarts Opern funktionieren mit 30 Musikern hervorragend, viel größer waren die Orchester zu seinen Lebzeiten sowieso nicht. Nach einer beschwingten „Cosi fan tutte“-Ouvertüre beschwor Taras Konoshchenko als Sarastro mit „In diesen heil’gen Hallen“ ein geradezu staats(-theater)tragendes Idyll, bevor Tadeusz Szlenkier mit „E lucevan le stelle“ über Cavaradossis Abschiedschmerz in „Tosca“ weit hinauswies.

Denn immer noch sind die Zeiten für Live-Kunst mehr als hart. Handdesinfektion, herausgenommene Sitzreihen im Parkett, gerade mal gut 200 zugelassene Zuschauer und ein von den Sängern und Sängerinnen eifrig benutzter Maskenhalter auf der Bühne hielten den Glanz dieser Gala in einem sehr regulierten Rahmen.

Die festlichen Gefühle blieben der Musik vorbehalten. Das funktionierte an diesem Abend umso besser, auch beim abschließenden, von allen fünf Solisten angestimmten Trinklied „Brindisi“ aus „La Traviata“. Nächste Termine: 16. und 31. Oktober, 15. und 20. November. www.staatstheater-nuernberg.de

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