Überraschender Ansturm
Lange Schlangen vor dem Nürnberger Impfzentrum
5.11.2021, 17:47 Uhr"Montag, Freitag oder Samstag, einfach vorbeikommen" – so lautete die Ansage, die ein betagtes Ehepaar aus dem Stadtteil St. Jobst bei einem Anruf im Gesundheitsamt bekommen hatte.
Weil die Corona-Impfung der 80-jährigen Frau und ihres 81-jährigen Mannes schon über ein halbes Jahr her ist, wollten sich die Nürnberger im Impfzentrum an der Großreuther Straße die dritte Injektion setzen lassen. "Die letzten beiden Male hat es reibungslos geklappt. Es gibt Parkplätze vor der Türe, wir sind gleich drangekommen und wurden sehr freundlich behandelt", berichtet die Leserin. Am Freitag konnte die Frau, die aufgrund einer Erkrankung nicht lange stehen kann, sich jedoch nicht impfen lassen: Die Schlange vor dem Zentrum und damit die Wartezeit war viel zu lang für ihre körperliche Verfassung.
In dieser Schlange hat Wolfgang Hupfer aus dem Stadtteil Laufamholz am Freitagvormittag zweieinhalb Stunden zugebracht. Der 69-Jährige hatte von seinem Arzt die Empfehlung bekommen, sich "boostern" zu lassen, weil seine Antikörper-Werte niedrig sind. Über das bayerische Internet-Impfportal buchte der Nürnberger einen Termin für Freitagvormittag.
Hinten anstellen - trotz Termin
Von Terminen und der Bestätigungsmail, die der Nürnberger ausgedruckt dabeihatte, wollte das Sicherheitspersonal vor Ort nichts wissen. "Sie müssen sich hinten anstellen", lautete die Antwort. Als in der langen Schlange ein über 90-Jähriger sich nicht mehr auf den Beinen halten kann, handelt Hupfer: Er besorgt im Impfzentrum einen Stuhl für den gebrechlichen Mann und beschwert sich über die Zustände.
Nach einiger Zeit habe das Personal den Mann dann mit einem Rollstuhl abgeholt, berichtet der 69-Jährige. Dass so viele Menschen warten mussten, wundert ihn nicht: "Vormittags waren nur drei Schalter besetzt, mittags nur noch einer", so Hupfer.
"Ansturm war nicht absehbar"
An fehlendem Impfstoff lag es nicht: "Davon haben wir mehr als genug", sagt Rolf Rabenstein, Leiter des Impfzentrums. "Der Ansturm war nicht absehbar", so Rabenstein, der sich die große Nachfrage damit erklärt, dass das Thema Booster-Impfung in den vergangenen Tagen im Mittelpunkt politischer Diskussionen und Medienberichterstattung stand. "Wir hatten eine Impfflaute im August und September. Im Oktober hat das Interesse zugenommen und wir haben unsere Kapazitäten aufgestockt", berichtet er. 300 Impfungen am Montag und Freitag und 400 am Samstag in der ehemaligen Kfz-Zulassung an der Großreuther Straße hätten in den vergangenen Wochen vollkommen ausgereicht.
Nun baut die Stadt – die das Interesse am Impfen freilich begrüßt – das Angebot deutlich aus: Zusätzlich zu den drei Impftagen im Nürnberger Norden kann man sich ab kommender Woche immer dienstags, mittwochs und donnerstags im ehemaligen N-Ergie-Kundenzentrum an der Fürther Straße, nahe dem Plärrer, die Injektion holen. "Unser Ziel ist es, an beiden Standorten an sechs Tagen ein Impfangebot zu machen", sagt Rabenstein. Dazu müssten aber noch Einzelheiten mit der Regierung von Mittelfranken geklärt werden.
Hausärzte sind erster Ansprechpartner
Dass Impfwillige trotz Termin warten müssen, bedauert er; es lasse sich derzeit aber nicht anders organisieren. Sinnvoll sei die Vorab-Registrierung aber dennoch: "Dann haben wir die Daten schon mal im Computer und es geht vor Ort schneller", sagt Rabenstein. Laut der bayerischen Impfstrategie seien aber eigentlich die Hausärzte die ersten Ansprechpartner. "Wenn der nicht impft, ist das Impfzentrum da", erklärt er die Strategie der Staatsregierung.