"Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist"

5.2.2021, 17:00 Uhr

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"Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist", sagt Matthias Günther, der Leiter des Pestel-Instituts. "Dabei bauen Vermieter auf die Job-Center als ‚zuverlässige Zahlstelle‘. Diese übernehmen zwar nur die Kosten für Wohnungen ‚einfachen Standards‘. Auf genau diese Wohnungen sind aber nicht nur Hartz-IV-Empfänger angewiesen, sondern eben auch viele andere Haushalte mit niedrigen Einkommen."

Das Angebot an günstigen Wohnungen sei rar. Gerade Neuvermietungen nutzten viele Vermieter, um Maximalmieten zu erzielen.

Um eine bessere Orientierung bei Wohnungsangeboten zu bekommen, gibt es jetzt ein Mieter-Gütesiegel: "Meinfairmieter" prüft als Wohnungsmarkt-Label insbesondere die soziale Verantwortung von Vermietern. Matthias Günther hat die Gründung des Gütesiegels mit initiiert. Mehr Informationen dazu gibt es unter www.meinfairmieter.de.

Staat als "Mietentreiber"

Das Siegel sei ein "Sozial-Kompass für den Wohnungsmarkt" – und für weite Teile der Bevölkerung relevant: Fast ein Viertel der Beschäftigten arbeitet nach Angaben des Pestel-Instituts bundesweit im Niedriglohnsektor: vom Mindestlohnbezieher über Alleinerziehende bis hin zu Rentnern, die ihre kleine Rente mit einem Minijob aufbesserten.

"Der Staat agiert inzwischen mangels eigener Wohnungen als Mietentreiber, weil er Mieten akzeptieren muss, bei denen viele Vermieter offensichtlich die Schmerzgrenze ausreizen", so Matthias Günther.


Bauen wird einfacher, schneller und billiger


Aber auch unter den Vermietern macht sich zunehmend Unmut breit. Vor allem die vielen noch vorhandenen Wohnungsgesellschaften in öffentlichem Eigentum und die Genossenschaften fühlen sich zu Unrecht in der Schublade der "gierigen Vermieter" wieder.

"Wie alle anderen Unternehmen müssen auch Wohnungsunternehmen Gewinne erzielen, um langfristig bestehen zu können", so Günther. "Die Umsetzung jedes Mieterhöhungsspielraums ist dabei aber nicht nötig. Gerade beim Wohnen kann der Grundsatz, dass der Gebrauch von Eigentum zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, nicht stark genug betont werden."

Siegel für faire Vermieter

Auch hinter der Wohnungsmarkt-Analyse für den Landkreis Neumarkt steht das Gütesiegel "Meinfairmieter", das vom Pestel-Institut mit initiiert wurde. Faire Vermieter, ob öffentlich, genossenschaftlich oder privat, müssen für die Wohnungssuchenden erkennbar sein.

"Aber natürlich werden wir auch wohnungspolitische Forderungen wie etwa die dringend notwendige Stärkung des Sozialwohnungsbestandes und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau insgesamt im Fokus haben", betonen die Gründer des Gütesiegels.

Letztlich habe eine unzureichende Wohnungspolitik dazu geführt, dass auch im Landkreis Neumarkt bei einem rechnerischen Defizit von nur 0,8 Prozent des Wohnungsbestands die Mieten für einfache Wohnungen stark gestiegen sind.

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