AfD-Vize Gauland sorgt mit Aussage über Boateng für Kritik
29.5.2016, 17:13 UhrKnapp zwei Wochen vor Beginn der Fußball-EM hat AfD-Vize Alexander Gauland mit rassistischen Äußerungen über den Nationalspieler Jerome Boateng für Empörung gesorgt. Gauland sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben."
Politiker von CDU und SPD wiesen diese Äußerung ebenso entschieden zurück wie Fußballoffizielle. Bundesjustizminister Heiko Maas sagte im Kurznachrichtendienst Twitter:
Einfach nur niveaulos und inakzeptabel.Wer so redet, entlarvt sich selbst - und das nicht nur als schlechter Nachbar https://t.co/pRkMo3nRPg
— Heiko Maas (@HeikoMaas) May 29, 2016
CDU-Vize Julia Klöckner twitterte: "Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn."
Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn. Typisches Muster AfD: beleidigen, provozieren - später dann relativieren. https://t.co/vDhbCqSz6L
— Julia Klöckner (@JuliaKloeckner) May 29, 2016
DFB-Profi Benedikt Höwedes sprang seinem Teamkollegen ebenfalls zur Seite:
Wenn du für Deutschland Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn. #Abwehr #🏆⚽️🇩🇪 pic.twitter.com/hXzsI5aCq2
— Benedikt Höwedes (@BeneHoewedes) 29. Mai 2016
Gauland behauptet, er habe in einem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, "aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert". Er widersprach zudem der Darstellung der Zeitung, er habe Boateng beleidigt. "Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten."
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) bestand auf ihrer Darstellung. Die kritisierte Äußerung stamme aus einem Gespräch von Gauland mit zwei Berliner Korrespondenten am Mittwoch in Potsdam, heißt es in einer Stellungnahme der Politik-Redaktion der FAS am Sonntag. "Beide Kollegen haben die Passage aufgezeichnet, ihre Aufzeichnungen stimmen überein." Gauland habe lediglich den Teil des Gesprächs, in dem er sich über AfD-Führungspolitiker äußerte, als Hintergrund eingestuft, aus dem nicht zitiert werden sollte.
Die Parteivorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, entschuldigte sich bei Boateng und verwies auf Erinnerungslücken ihres Stellvertreters: "Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist."
Der in Berlin geborene Boateng ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters. Er ist Stammspieler des FC Bayern. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Reinhard Grindel, sagte der Zeitung, es sei "einfach geschmacklos", die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft "für politische Parolen zu missbrauchen". Boateng sei "ein herausragender Spieler und ein wunderbarer Mensch, der sich übrigens auch gesellschaftlich stark engagiert und für viele Jugendliche ein Vorbild ist".
SPD-Chef Sigmar Gabriel äußerte sich ebenfalls via Twitter: Die AfD sei nicht fremdenfeindlich, sondern "deutschfeindlich". Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, stellte fest: "Gauland und AfD sind nicht in Deutschland angekommen." CDU-Vize Armin Laschet meinte, Gauland gehe es "um Rassismus pur". Linken-Chef Bernd Riexinger befand: "Gauland ist ein ganz übler Rassist!"
Der auch für Sport zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der Bild-Zeitung: "Jérôme Boateng ist eine herausragende Stütze unserer Nationalmannschaft und ein absoluter Musterprofi. Jeder Deutsche kann sich glücklich schätzen, solche Leute zu haben, als Teamgefährte, deutscher Staatsbürger und als Nachbar."
Auch der Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff wandte sich gegen Gaulands Äußerung: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Sie bedürfen keiner weiteren Kommentierung, die Personen diskreditieren sich von alleine."
"Diskriminierungen jeder Art haben im Sport und in unserer Gesellschaft nichts verloren und verdienen die Rote Karte", sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, am Sonntag auf der Internetseite der Bayern. Ligapräsident Reinhard Rauball und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erklärten, die Äußerungen dienten "vor allem dazu, auf gefährliche Weise gezielt Vorurteile zu bedienen und auf dem Rücken eines prominenten Fußball-Spielers Politik zu machen".
Erst in der vergangenen Woche hatten sich Anhänger der Pegida-Bewegung abschätzig über Jugendfotos der deutschen Nationalspieler auf Packungen der Kinderschokolade geäußert. Darauf zu sehen sind unter anderem auch Jerome Boateng und Ilkay Gündogan.