DLRG alarmiert

Anzahl der Badetoten in Bayern am höchsten: Welche Rolle spielt der Nichtschwimmer-Anteil?

Inken Thiel

Volontärin

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6.8.2024, 04:55 Uhr
Immer wieder kommt es in Deutschland zu Badeunfällen, bei denen Menschen sterben. Bayern ist dabei traurige Spitzenreiter unter den Bundesländern.

© IMAGO/Jürgen Held Immer wieder kommt es in Deutschland zu Badeunfällen, bei denen Menschen sterben. Bayern ist dabei traurige Spitzenreiter unter den Bundesländern.

In Deutschland ist die Zahl der Badetoten im vergangenen Jahr zum zweiten Mal in Folge gestiegen. 378 Menschen kamen beim Schwimmen in Seen, Flüssen, Kanälen und Schwimmbädern ums Leben. Das belegt die Statistik der Deutschen Lebens-Rettungs-Gemeinschaft, kurz DLRG.

In Bayern dagegen sank die Zahl leicht auf 62 Tote - acht Personen weniger als noch im Jahr 2022. Dennoch steht der Freistaat unangefochten auf Platz eins im Bundesländervergleich. Nirgendwo ertranken so viele Menschen, wie in bayerischen Seen und Flüssen. Erst kürzlich hat ein Badeunfall am Brombachsee in Mittelfranken die Region erschüttert. Den zweiten Platz belegt Nordrhein-Westfalen mit 47 Todesopfern, Baden-Württemberg landet mit 43 auf Platz drei.

Ein Blick auf die Daten zeigt außerdem: Besonders viele Badeunfälle passieren in Seen und Flüssen - den Orten, an denen eine Überwachung durch Rettungsschwimmer oft nicht gewährleistet ist. So starben vergangenes Jahr 27 Menschen in bayerischen Seen und 22 in bayerischen Flüssen, was annähernd 80 Prozent der Badetoten im Freistaat ausmacht. Weit weniger Menschen ertrinken dagegen in Bächen, Kanälen, Teichen und Schwimmbädern.

Fehlende Schwimmkurse lassen die Zahl der Nichtschwimmer in die Höhe schnellen

Doch warum sterben nach wie vor so viele Menschen im Wasser? Ein Grund könnte in der sinkenden Anzahl von Schwimmbädern und dem damit fehlenden Angebot an Schwimmkursen liegen. Nach Angaben der DLRG sank die Zahl öffentlicher Bäder seit der Jahrtausendwende bis zum Jahr 2020 um rund 1500 Stück.

Eltern fällt es zunehmend schwer, einen Platz in einem Schwimmkurs zu ergattern. Im Rahmen einer repräsentativen "forsa"-Umfrage im Jahr 2022 im Auftrag der DLRG zeigte sich, dass sich die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, verdoppelt hat. Waren es im Jahr 2017 noch zehn Prozent aller Kinder in Deutschland, so stieg diese Zahl auf erschreckende 20 Prozent. Weitere 23 Prozent der Schulkinder können zwar schwimmen, seien jedoch unsichere Schwimmer, so die Ergebnisse der Umfrage.

Stadt Nürnberg bietet Schwimmkurse für Erwachsene an

Und wie steht es um Erwachsene, die nie schwimmen gelernt haben? Der Eigenbetrieb "NürnbergBad" der Stadt Nürnberg, der sieben Schwimmbäder verwaltet, bietet in drei seiner vier Hallenbäder einen Anfängerschwimmkurs für Erwachsene.

In diesem, so ist auf der Website zu lesen, erlernen die Teilnehmer "die Fertigkeit, kurze Schwimmstrecken zu bewältigen". Ihnen würden die Schwimm-Grundbewegungen des Brustschwimmens beigebracht, sowie Gleit- und Tauchübungen durchgeführt. Jedoch kann die Hemmschwelle, sich als Erwachsener für einen Schwimmkurs anzumelden, hoch sein.

Zahlen zeigen: Badetote überwiegend im Erwachsenenalter

Ein Blick auf die Altersstruktur der Badetoten aus dem Jahr 2023 zeigt: Nur rund vier Prozent der 378 Ertrunkenen waren der Altersgruppe 0 bis 10 Jahre zuzuordnen. Dagegen waren knapp 40 Prozent der Badetoten über 50 Jahre alt. Den höchsten Anteil nach Altersgruppe stellten im Jahr 2023 die 31- bis 40-Jährigen mit 44 Badetoten.

Die Gründe, weswegen Menschen ertrinken, sind vielfältig. So spielt die Schwimmfähigkeit oft eine Rolle, erklärt Martin Holzhause, Pressesprecher der DLRG, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND): "Menschen, die schlecht oder wenig schwimmen können, wollen sich manchmal nur etwas abkühlen, geraten dann aber an eine Abbruchkante oder tieferes Wasser und ertrinken." Auch gerieten schlechte Schwimmer schneller in Panik, was zu einem schnelleren Untergehen führe.

Tod durch Ertrinken: Kälteschock oft Auslöser für Herz-Rhythmus-Störungen

Ein anderer, oft tödlicher Grund seien Herz-Rhythmus-Störungen, ausgelöst durch einen Kälteschock. Das sei besonders bei älteren Menschen, die an und für sich gut schwimmen könnten, einer der häufigsten Gründe, weswegen sie ertränken, so Martin Holzhause.

Was Jahr für Jahr bei der Betrachtung der Daten besonders heraussticht: annähernd drei Viertel aller Badetoten sind männlich. So starben im Jahr 2023 292 Männer durch Ertrinken, wohingegen es lediglich 77 Frauen im gleichen Zeitraum waren, bei neun ertrunkenen Personen war das Geschlecht nicht bekannt.

Gründe für den hohen Anteil sieht Holzhause im geringeren Risikobewusstsein von Männern. Dazu komme, dass junge Männer auch immer wieder alkoholisiert ins Wasser gingen.

Männlichkeitsforschung belegt höhere Risikobereitschaft

Dass Männer risikofreudiger sind als Frauen, belegt auch die Männlichkeitsforschung. "Die Jungs, jungen Männer oder Männer identifizieren sich sehr stark mit dem Bild von dem stärkeren, überlegeneren, mutigeren, unternehmenslustigeren, aktiveren Geschlecht. Dieses Bild ist bei uns nach wie vor kulturell und gesellschaftlich sehr stark verbreitet", erläutert Sozialpsychologe Rolf Pohl von der Leibniz Universität Hannover.

So seien Männer häufig versucht, ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Dabei, so der Experte, könne es zu einer Überschätzung der eigenen Fähigkeiten kommen. Und diese, so zeigen es die Zahlen, können im schlimmsten Fall zum Tod führen.