Hardboiled-Novel

Klassiker der Krimiliteratur: „Der Malteser Falke“ - Die Geburtsstunde des Hardboiled-Detectives

Benedikt Dirrigl

Redakteur

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20.02.2025, 11:45 Uhr
In "Der Malteser Falke" dreht sich alles um eine wertvolle Vogelstatuette.

© Benedikt Dirrigl In "Der Malteser Falke" dreht sich alles um eine wertvolle Vogelstatuette.

Man stelle sich einen Privatdetektiv in den 1920ern vor, der mit hochgeklapptem Kragen seines Trenchcoats, Fedora auf dem Kopf und Zigarette im Mundwinkel durch die verregneten Straßen einer amerikanischen Großstadt läuft. Natürlich in Schwarz-Weiß. Die Vorlage für diese oft kopierte Figur ist der Titelheld Sam Spade in "Der Malteser Falke" von Dashiell Hammett. Wobei die Beschreibung des Titel-"Helden" nur bedingt zutrifft, wie wir bald erkennen müssen.

"Der Malteser Falke" von Dashiell Hammett: Darum geht es

Sam Spade führt gemeinsam mit seinem Kollegen Miles Archer eine Privatdetektei in San Francisco. Der scheinbar harmlose Auftrag der jungen, attraktiven Miss Wonderly lässt die beiden von Beginn an stutzen. Angeblich geht es um ihre Schwester, die mit einem Mann namens Floyd Thursby durchgebrannt ist. Diesen sollen die Privatdetektive beschatten. Da die junge Dame bereit ist, ein außerordentliches Honorar zu bezahlen, nehmen Spade und Archer den Fall widerwillig an.

In der folgenden Nacht dann die Eskalation. Zuerst wird Miles Archer erschossen aufgefunden, wenig später ereilt den beschatteten Floyd Thursby dasselbe Schicksal. Spade wird von verschiedenen Seiten verdächtigt. Während die Polizei vermutet, dass Archer von Thursby erschossen und anschließend von Spade gerächt wurde, glaubt Archers Witwe Iva, dass Spade für dessen Tod verantwortlich ist. Spade und Iva haben eine Affäre und sie befürchtet nun, dass er ihren Ehemann aus dem Weg räumen wollte.

Spade sucht seine Klientin Miss Wonderly auf. Von ihr erfährt er nun, dass ihr echter Name Brigid O‘Shaughnessy ist. Spade gibt sich souverän und teilt ihr mit, ihre Geschichte nie geglaubt zu haben. Ob das tatsächlich stimmt, oder ob Spade seine Souveränität nur vorgaukelt, ist nur eine von mehreren Gelegenheiten, an denen wir als Leserinnen und Leser über Spades Motive und Gedanken im Ungewissen gelassen werden.

5.000 Dollar sind im San Francisco der 20er-Jahre eine Menge Geld. Diese Summe bietet ein gewisser Joel Cairo Spade, wenn dieser ihm die Figur eines schwarzen Vogels beschaffen kann. Wie sich im weiteren Verlauf der Geschichte zeigt, war die letzte bekannte, zumindest vermeintliche Besitzerin dieses Vogels niemand anderes als Spades Klientin Brigid O‘Shaughnessy. Es beginnt ein Tauziehen um die Statuette, an dem sich noch weitere Personen beteiligen: Der reiche Casper Gutman und sein Gehilfe Wilmer Cook. Es zeigt sich, dass Spade in ein regelrechtes Netz an Intrigen geraten ist.

Eine Waffe in der Hand und eine Frau im Arm: Als Sam Spade verkörperte Humphrey Bogart alle Klischees des Hardboiled-Detectives.

Eine Waffe in der Hand und eine Frau im Arm: Als Sam Spade verkörperte Humphrey Bogart alle Klischees des Hardboiled-Detectives. © IMAGO / Allstar

Wie wird sich Sam Spade aus diesem Netz befreien können, was hat es mit der Statuette, dem "Malteser Falken" eigentlich auf sich und am wichtigsten: wie kann Spade finanziellen Profit aus der Situation schlagen?

"Der Malteser Falke": Sam Spade im Gegensatz zu Holmes, Poirot und Co.

Sam Spade steht im Gegensatz zu den europäischen Gentleman-Detectives von Arthur Conan Doyle und Agatha Christie. Diese scheinen immer alles unter Kontrolle zu haben und mehr oder weniger von außen, mit kühler Distanz zu agieren. Mit Logik und Gedankenspielen klären sie ihre Fälle auf (Man beachte die "kleinen grauen Zellen", die Christies Hercule Poirot so gerne bemüht). Sam Spade macht dagegen nie den Eindruck, über den Dingen zu stehen. Er löst seinen Fall auch nicht mit Gedankenspielen, sondern stolpert gefühlt von Moment zu Moment, stellt aber in den richtigen Augenblicken die richtigen Fragen und reagiert clever auf die Situationen, anstatt selbst zu agieren. Sein "Erfolg" ist seinen Überlebenskünsten und seiner Fähigkeit zum schnellen Handeln zuzuschreiben.

Hammett bricht mit der klassischen Rollenverteilung von Gut und Böse. Alle auftretenden Figuren scheinen korrupt und auf ihren eigenen Vorteil aus, selbst der Detektiv im Zentrum der Geschichte kommt einem nicht wirklich sympathisch vor. Wir bekommen auch keinen Einblick in sein Innenleben und müssen selbst interpretieren, was Spade wohl vorhat. Es bleibt immer die Möglichkeit, dass er genauso korrupt wie die anderen ist und nur auf Geld aus ist.

Der Hardboiled-Detective: Oft kopiert und gelegentlich parodiert, wie hier von Peter Sellers als Inspektor Clouseau.

Der Hardboiled-Detective: Oft kopiert und gelegentlich parodiert, wie hier von Peter Sellers als Inspektor Clouseau. © IMAGO / ZUMA/Keystone

Die Aufklärung der Morde geschieht dabei eher beiläufig. Erst, als bereits klar ist, dass für keine der auftretenden Figuren das große Geld in dieser Episode ihres Lebens zu holen ist, erfahren wir als Leserinnen und Leser, was es mit den Morden auf sich hat.

Dashiell Hammett hat mit dem "Malteser Falken" einen Stein ins Rollen gebracht. Der Roman bietet die Grundlage der "Hardboiled-Novels", die ein ganz eigenes Genre innerhalb der Kriminalliteratur bilden. Die Figur des Sam Spades schien die Massen derart zu begeistern, dass innerhalb von nur zwölf Jahren nach der Veröffentlichung des Romans bereits drei Verfilmungen in die amerikanischen Kinos kamen. Am bekanntesten und ikonischsten ist wohl die letzte Verfilmung von 1941, mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle als Sam Spade.

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