Preisverdächtige Bücher
Die Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse: Wer sind die Nominierten?
26.03.2025, 15:20 Uhr
Die Leipziger Buchmesse ist die zweitgrößte Messe ihrer Art in Deutschland, nur die Frankfurter Buchmesse im Oktober ist noch größer. Die Leipziger Messe ist dabei mehr auf ein jüngeres Publikum und private Besucher ausgelegt. Das Programm sieht wieder viele Lesungen vor, aber auch Diskussionsrunden und Gelegenheiten, selbst mitzumachen. Besonderer Fokus liegt 2025 auf dem Gastland Norwegen. Und natürlich auf dem alljährlichen Preis der Leipziger Buchmesse. Es werden Preise in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung vergeben, wir werfen einen genaueren Blick auf die Belletristik.
Preis der Leipziger Buchmesse 2025: Das sind die Nominierten
Fünf Bücher haben es auf die Shortlist für den Leipziger Buchpreis in der Kategorie Belletristik geschafft.
"Halbinsel" von Kristine Bilkau
Linn leidet an etwas, das sich wohl kaum anders als Burnout bezeichnen lässt. Und das mit Mitte zwanzig. Nach dem Abitur war sie in die Welt gezogen, hatte sich in Schweden und Rumänien in Umweltinitiativen für Aufforstung engagiert. Ihre Mutter Annett hat nur Bewunderung für ihre Tochter übrig, die für sie die Versinnbildlichung von Hoffnung und Zukunft darstellt. Jetzt ist Linn gefangen in ihrer eigenen Antriebslosigkeit, ihre Mutter nimmt sie bei sich auf.
Eigentlich sollte Linns Aufenthalt nur eine Woche dauern, in der sie sich erholen wollte. Doch die Antriebslosigkeit bleibt bestehen. Nach Monaten brechen zwischen den beiden Frauen Konflikte auf. Nicht nur zwischen Mutter und erwachsener Tochter, auch zwischen ihren Generationen.

Die Jury begründet die Nominierung damit, dass der Roman aus vielen Schichten besteht, die Fragen aufwerfen, die auch uns als Leserinnen und Leser verunsichern. Sie beschreibt „Halbinsel“ als „sensibel gebauten Roman über emotionale Altlasten, über Großzügigkeit und über das Geschäft mit dem Klima-Gewissen“.
Autorin Kristine Bilkau wurde in der Vergangenheit bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet, zuletzt stand sie mit dem Roman „Nebenan“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2022.
- „Halbinsel“ von Kristine Bilkau
- 224 Seiten
- Luchterhand
- ISBN: 978-3-630-87730-3
- 24 Euro
"Ein Haufen Dollarscheine" von Esther Dischereit
Traurig, voller unbequemer Wahrheiten und oft auch komisch. Dieser Roman wirft einen Blick auf das Leben einer Frau, deren Vergangenheit schwer wiegt, denn als jüdisches Kind musste sie sich einst vor den Nazis verstecken. Der Blick erfolgt dabei nicht immer aus der gleichen Richtung, mal sehen wir die Perspektive der jüdisch-liberalen Schwester, mal die Sicht des jüdisch-orthodoxen Neffen. Die Biografie ist brüchig, voller unbequemer Wahrheiten und führt von den Grauen des Holocaust bis in die Gegenwart, von Berlin über Chicago, Heppenheim bis Rom.
Der Roman von Esther Dischereit wirft nicht nur einen Blick auf die erschütternde Existenz von Jüdinnen und Juden im Schatten des Holocausts, sondern auch bis in die niederschmetternden Entwicklungen der Gegenwart. Die Nominierung begründet die Jury auch mit der umfangreichen Quellenlage, derer sich Dischereit bedient. Sie setzt die Figur einer Holocaust-Überlebenden zusammen aus historischen Akten, privaten Archiven und persönlichen Erinnerungen.

Esther Dischereit ist eine direkte Nachfahrin von Shoa-Überlebenden. Sie hat Theater- und Hörstücke verfasst, außer dem Romane. Die Trägerin des Erich-Fried-Preises lehrte zudem als Professorin an der Universität für angewandte Kunst in Wien und als DAAD Chair in Contemporary Poetics an der New York University.
- „Ein Haufen Dollarscheine“ von Esther Dischereit
- 312 Seiten
- Maro
- ISBN: 978-3-87512-676-1
- 24 Euro
"Wackelkontakt" von Wolf Haas
Die einzige Beschreibung, die dieses Buch wirklich verdient hat, findet sich auf dem Klappentext:
„Franz Escher wartet auf den Elektriker. Seine Steckdose hat einen Wackelkontakt. Um sich die Zeit zu vertreiben, liest er ein Buch über den Mafia-Kronzeugen Elio Russo. Elio sitzt im Gefängnis und wartet auf die Entlassung. Er hat so viele Leute verraten, dass er um sein Leben fürchtet. Aus Angst liegt er nachts wach und liest ein Buch. Es handelt von Franz Escher. Der wartet auf den Elektriker. Seine Steckdose hat einen Wackelkontakt.“

Die Jury beschreibt „Wackelkontakt“ als „knifflig verschachtelten und verspielten Roman [....], der sich schleifenartig entwickelt“. Dieser faszinierende Roman ist komplex und originell im besten Sinne.
Am wohl bekanntesten ist Wolf Haas für seine Brenner-Krimis, der letzte und neunte Band mit dem Titel „Müll“ erschien 2022. Der preisgekrönte Autor wurde bereits im vergangenen Jahr für seinen Roman „Eigentum“ für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.
- „Wackelkontakt“ von Wolf Haas
- 240 Seiten
- Hanser Verlag
- ISBN: 978-3-446-28272-8
- 25 Euro
"Air" von Christian Kracht
In parallel verlaufenden Handlungssträngen erzählt Christian Kracht die Geschichte des Dekorateurs und Inneneinrichters Paul, der aus der Schweiz kommt, in Schottland lebt und einen Auftrag aus Norwegen bekommt. Genauso weitgereist, wie er selbst bereits ist, soll auch die Reise werden, die er im Zuge dieses Auftrags unternimmt. Denn sie soll ihn bis an die Grenzen seiner Welt und darüber hinaus führen.
Laut Jury ist „Air“ „ein berauschendes literarisches Rätsel“. Hinter der Maske des Minimalismus verstecken sich viele Dimensionen. So könnte der Roman sich genauso mit ästhetischen Fragen beschäftigen, wie auch eine Hommage an die Artus-Sagen sein. Jedenfalls beeindruckt die sprachliche Eleganz, die eine neue Welt entstehen lässt.

Christian Kracht wurde für seine Romane und Drehbücher bereits vielfach ausgezeichnet, beispielsweise gewann er 2016 den Schweizer Buchpreis.
- „Air“ von Christian Kracht
- 224 Seiten
- Kiepenheuer&Witsch
- ISBN: 978-3-462-00457-1
- 25 Euro
"Kommando Ajax" von Cemile Sahin
Cemile Sahin lässt in ihrem Roman gestohlene Kunstwerke wieder auftauchen. 1990 waren Bilder von Vermeer, Rembrandt und Degas aus einem Bostoner Museum entwendet worden, auch 2025 fehlt jede Spur. In Sahins Roman landen die Gemälde zufällig in den Händen von Ali Hüseyin Korkmaz. Der Hobbymaler war zuvor mit seinen Geschwistern aus Kurdistan nach Rotterdam geflohen. Doch der Krieg verfolgt die Familie bis in die Niederlande. Auf der Hochzeit des jüngsten Bruders feuert ein Scharfschütze auf die Gäste. Wie passen Ali Hüyesin und die verschwundenen Gemälde in die Geschichte?
Der Roman verbindet eine bewegte Familiengeschichte mit einem epischen Gangsterdrama zu einem rasanten Abenteuer. Laut Jury lässt „Kommando Ajax“ die Familie entgegen der gängigen Literatur trotz ihrem Flüchtlingshintergrund nicht zu Opfern werden, sondern macht sie zu den Helden ihrer eigenen Geschichte.

Fünf Jahre nach ihrem Debüt hat es Cemile Sahins dritter Roman zur Nominierung für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025 geschafft. Die Autorin lebt in Berlin und ist Trägerin der Alfred Döblin-Medaille.
- „Kommando Ajax“ von Cemile Sahin
- 351 Seiten
- Aufbau
- ISBN: 978-3-351-04207-3
- 25 Euro
Die Leipziger Buchmesse 2025
Die Leipziger Buchmesse findet vom 27. bis 30. März auf dem Leipziger Messegelände statt. Die Öffnungszeiten sind jeweils von 10 bis 18 Uhr.
Auf der Leipziger Buchmesse werden sogar mehrere Preise verliehen. Am renommiertesten ist der Preis der Leipziger Buchmesse, der seit 2005 vergeben wird und mit 60.000 Euro dotiert ist. Eine siebenköpfige Jury bestimmt, wer die Preise erhält, die in drei Kategorien, Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung vergeben wird. Die Preisverleihung ist am 27. März 2025 um 16 Uhr in der Glashalle auf dem Leipziger Messegelände.
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