Corona ein Laborunfall in Wuhan? Uni Hamburg verbreitet fragwürdige These
19.2.2021, 15:03 UhrStammt das Coronavirus aus einem chinesischen Labor? Diese Frage wurde in den vergangenen zwölf Monaten oft gestellt. Beweise dafür gab es nie. Die deutliche Mehrheitsmeinung in der Forschung ist derzeit, dass das Virus auf eine Übertragung durch Fledermäuse zurückzuführen ist. Nun hat es sich der Hamburger Physik-Professor Roland Wiesendanger zur Aufgabe gemacht, die Labor-These zu belegen.
Corona ein Laborunfall? Professor nutzt Youtube, Twitter und rechte Seiten als Quellen
Wiesendanger genießt in der Fachwelt einen ausgezeichneten Ruf - nur hat seine Fachwelt - die Rastertunnelmikroskopie - nichts mit Virologie oder Immunologie zu tun. Auf diesen Gebieten hat er bislang noch nie publiziert.
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Umso erstaunlicher ist, dass sein 105 Seiten starkes Papier, das nordbayern.de vorliegt, von der Hamburger Universität unterstützt wird. In der Pressemitteilung heißt es, Wiesendanger habe für seine Forschung eine "umfangreichen Recherche unter Nutzung verschiedenster Informationsquellen" betrieben.
Ein Blick in das Quellenverzeichnis der Studie zeigt: Die Informationen stammen unter anderem aus Youtube-Videos, Twitter-Beiträgen, dem Focus und der umstrittenen rechten Seite epochtimes.de. Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die der Professor zitiert, sind in Teilen schon mehrere Jahre alt und beziehen sich nicht auf das Coronavirus.
Corona aus dem Labor: Das sind Wiesendangers Thesen - Virologe widerspricht
Was genau will Wiesendanger nun herausgefunden haben? In seinem Papier, das - wie er gegenüber dem ZDF erklärt - "nicht für die Wissenschaftscommunity, sondern für die Öffentlichkeit" bestimmt sei, führt er drei Thesen auf.
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Sein erstes Indiz ist, dass es auf dem Markt in Wuhan, auf den der Ausbruch des Virus' bislang zurückgeführt wird, gar keine Fledermäuse gebe. Außerdem habe man kein Zwischenwirts-Tier gefunden, über das das Virus von der Fledermaus auf den Menschen übertragen worden sei. Das sei aber "weder ein Beleg dafür oder dagegen", erklärt Björn Meyer, Virologe am Institut Pasteur in Paris, gegenüber dem ZDF.
Corona sei im Labor "ansteckender, gefährlicher und tödlicher" gemacht worden
Wiesendangers These Nummer zwei ist, dass in Wuhan daran geforscht wurde, das Coronavirus gefährlicher zu machen. Man habe dort "über viele Jahre hinweg gentechnische Manipulationen an Coronaviren vorgenommen mit dem Ziel, diese für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher zu machen", heißt es.
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Es sei tatsächlich am Coronavirus geforscht werden, ordnet Virologe Meyer ein. "Das Ziel war, zu verstehen, wie sich Coronaviren, die in Fledermäusen häufig vorkommen, an andere Tiere oder den Menschen anpassen können." Auch das sei kein Beleg für die Behauptung des Professors.
Die dritte Annahme ist, dass SARS-CoV-2-Viren besonders gut an den Menschen - genauer: an menschliche Zellrezeptoren - angepasst seien. Das sei bislang bei Coronaviren nicht bekannt gewesen und weise "auf einen nicht-natürlichen Ursprung des SARS-CoV-2-Erregers hin", so die Begründung.
Trotz fehlender Beweise: Professor ist sich "zu 99,9 Prozent sicher"
Es sei richtig, dass dies so nicht bei anderen Coronaviren vorkomme, so Meyer. Dass sich Viren an ihren Wirt anpassen, ist allerdings nichts Ungewöhnliches: "Da sie dem Virus einen Vorteil bei der Infektion von Lungenzellen gibt, man spricht von einer höheren Virusfitness, hat sich diese Veränderung durchgesetzt." Wann und wie sich die Anpassung ereignet hat, sei aber noch nicht klar.
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Wiesendangers Untersuchung liefere zwar keine "hochwissenschaftlichen Beweise, wohl aber zahlreiche und schwerwiegende Indizien", heißt es in der Pressemitteilung der Uni. Der Professor zeigt sich im ZDF hingegen vollkommen überzeugt: "Ich bin mir zu 99,9 Prozent sicher, dass das Coronavirus aus dem Labor kam."
Er selbst habe mit dem Uni-Präsidenten Dieter Lenzen darüber gesprochen, wie die Öffentlichkeit auf die Publikation reagieren werde - bis hin zu "Reaktionen, die uns in die Ecke von Verschwörungstheorien stellen wollen". Schaut man sich die Reaktionen in der Fachwelt und der Öffentlichkeit an, scheint genau das nun einzutreten.
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