Gillette-Werbung polarisiert: So reagiert das Netz
18.1.2019, 13:35 UhrEin neues Werbevideo des Rasur-Riesen Gillette sorgt derzeit im Netz für ausgiebige Diskussionen. Denn ganz anders als alle Clips zuvor, kommt im jetzigen Werbevideo kein Mann vor, der sich mit dem Rasierer genüsslich die Bartstoppeln rasiert, sondern das genaue Gegenteil: Die Firma stellt in dem zweiminütigen Clip einen inzwischen 30 Jahre alten, eigenen Slogan in Frage: "Is this the best that men can get?" und startet damit eine kritische Betrachtung des heutigen Männlichkeitsbildes.
Die Marke, die zum Konzern Procter&Gamble gehört, veröffentlichte das Video am 13. Januar auf YouTube. Dort hat es mittlerweile über 16 Millionen Aufrufe. Die Meinungen in den sozialen Netzwerken, in welchen die Werbung bereits tausendfach geteilt wurde, ist allerdings unterschiedlich.
Einige Nutzer fühlen sich durch den Clip angegriffen und wollen die Rasier-Marke künftig boykottieren. Ein Nutzer schreibt zum Beispiel bei Twitter: "Ich habe mir heute neue Rasierer gekauft. Die alten, von Gillette, sind nun da wo sie hingehören, in den Müll."
Out to buy new razors today, old ones in the bin where they belong #Gillette pic.twitter.com/2g0GILa96e
— NotHappyJan (@AnrgyAddison) 15. Januar 2019
Goodbye Gillette. Hello Schick #GilletteAd pic.twitter.com/AfcFE5efNq
— warroom (@warroom) 15. Januar 2019
Unter dem Hashtag #BoycottGillette melden sich auch weitere Nutzer zu Wort. "Ich rasiere mich, seit ich 12 bin und seitdem nutze ich auch Gillette, weil ihn mein Vater auch genutzt hat. Ab jetzt werden weder mein Vater, der über 50 Jahre Kunde von Gillette war, noch ich den Rasierer jemals wieder nutzen."
I’ve been shaving since I was 12, since the beginning I used Gillette because that’s what my father used, now I will never use it again, and neither will my father, collectively been your customers for 50+ years never again #BoycottGillette #Gillette
— Ary (@ary31574363) 15. Januar 2019
Einige Nutzer sind sogar der Meinung, die Werbung würde Männerhass propagieren beziehungsweise Männer allgemein als schlecht darstellen. So schreib einer unter dem Hashtag: "Ich bin extrem maskulin und nichts daran ist schlecht."
Hey @Gillette, I have an idea, stay out of politics. Real men already stop other guys from acting badly. A razor company should want me to shave with your product. And, btw, I'm extremely masculine. And there's nothing wrong with that. #TheBestMenCanBe
— Joe Pags Pagliarulo (@JoeTalkShow) 15. Januar 2019
Unter dem Hashtag #GilletteAd schreiben die Leute, dass nur getretene Hunde bellen.
— Caligo (@CaligoMilites) 16. Januar 2019
Ignoriert ihr den Fakt, dass diese Werbung verallgemeinert und uns Männer als böse darstellt und es schafft die Frau wieder in die Opferrolle zu stecken.
Das was wir hier erleben ist Männerhass!
Doch nicht nur Gegner des Werbespots melden sich in den sozialen Netzwerken zu Wort. So schreibt einer: "Echte Männer fühlen sich nicht von einem Werbeclip verletzt, in dem gesagt wird, dass es eben nicht cool, ist ein Idiot zu sein."
Real men don’t get their feelings hurt from a commercial saying it’s not cool to be a dirt bag....
— Nik Lentz (@NikLentz) 15. Januar 2019
y’all need to chill and go outside or something.
Mitgefühl und Fürsorge sind doch Werte, die für Frauen und Männer gleichermaßen erstrebenswert sind. Dass die #GilletteAd mit ihrem Appell an Menschlichkeit zu diesem Aufschrei führt, zeigt genau, wie wichtig die Debatte ist. Und: Warum diese Aufregung über Win-Win-Situationen?
— Malina Bongard (@MalinaBongard) 17. Januar 2019
Was dabei besonders auffällt ist: Es sind keineswegs nur Frauen, die den negativen Kommentaren in den sozialen Netzwerken widersprechen. Im Gegenteil: auch viele Männern äußern sich positiv über den Werbespot und können die Aufregung deswegen nicht nachvollziehen.
Dass sich so viele Typen hier jetzt wegen einer #GilletteAd echauffieren und sich in ihrer "Männlichkeit" gekränkt fühlen, zeigt ja schon, wie viel Wahrheit in dem Spot steckt. Just my 2 Cents.
— Felix Olesch (@tweelixO) 16. Januar 2019
Die Reaktionen auf die #GilletteAd zeigen doch EXAKT, dass hier ein Nerv getroffen wurde. Es ist unfassbar, dass "Behandelt Frauen gut" und "Erzieht eure Kinder gut" auf diese krasse ablehnende Haltung stößt. [Kurzer Thread]
— Lars Golenia (@larsgolenia) 16. Januar 2019
Wer sich mit der primitiven Gruppe in der #GilletteAd identifiziert, der fühlt sich natürlich enttarnt und jetzt eierlos. Ich persönlich sehe mich in der Vorbildfunktion und finde die Werbung sehr gelungen.
— Adrian (@AdrianFFM) 16. Januar 2019
Während sich einige Nutzer also über den Inhalt der Werbung streiten, hinterfragen andere die Absichten des Konzerns. Geht es darum, ein politisches Statement zu setzen oder lediglich darum, mit der Werbung zu polarisieren und den Absatz zu erhöhen?
Dass Firmen durch ihre Werbung durchaus politisch Stellung beziehen ist allerdings nicht neu. So engagierte zum Beispiel die Sportmarke Nike im vergangenen Jahr den Football-Quarterback Colin Kaepernick, der durch seinen Kniefall im August 2016 bei einem Spiel als erster gegen die Diskriminierung und Polizeigewalt in den USA demonstrierte. Viele Kunden boykottierten daraufhin die Marke, verbrannten teilweise sogar ihre Nike-Sportschuhe.
Kommentar: Streit um Gillette-Werbung - die bedrohte Männlichkeit?
Mit anstößigen Fotos hat auch die Modekette Benetton immer wieder auf sich aufmerksam gemacht. So warb der Konzern zwischenzeitlich mit ölverschmierten Vögeln oder Aids-Kranken im Sterbebett für seine Marke, um diese möglichst bekannt zu machen. 2018 erhielt das Label scharfe Kritik, nachdem es mit einem Foto eines vollen Flüchtlingsbootes für sich warb.
Einen regelrechten Shitstorm gegen sich löste der Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker aus, als er in der Schweiz mit einem Plakat für sich warb, auf dem eine Frau mit einer Art Fußball-Kuchen zu sehen war. Der Slogan dazu lautete: "Back deinen Mann glücklich - auch wenn er eine zweite Liebe hat."
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