Ibuprofen und Corona: Falschmeldungen auf WhatsApp

15.3.2020, 09:53 Uhr

"Hallo hier ist Elisabeth, die Mama von Poldi"... so beginnt eine Sprachnachricht zum Thema Coronavirus, die sich aktuell wie ein Lauffeuer in verschiedenen Whattsapp-Gruppen ausbreitet. Die Frau spricht mit sanfter Stimme, klingt vertrauenerweckend. Sie bittet den Adressaten ihrer Nachricht, diese unbedingt weiterzuverbreiten, da sie von großer Bedeutung sei: Sie habe die Information erhalten, dass die Uni-Klinik Wien Erkenntnisse dazu habe, dass das Schmerzmittel Ibuprofen den Krankheitsverlauf einer Covid19-Erkrankung massiv verschlechtere.

Ibuprofen und Corona: Uni-Klinik Wien dementiert

Auch der französische Gesundheitsminister Olivier Véran schrieb am Samstagmittag per Kurznachrichtendienst Twitter, Entzündungshemmer wie etwa Ibuprofen könnten eine Infektion mit dem Coronavirus verschlimmern. Im Falle von Fieber solle man Paracetamol nehmen, riet Véran. Der nationale Gesundheitsdirektor Jérôme Salomon äußerte sich ähnlich und riet von der Einnahme sogenannter nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) ab. Zu dieser Wirkstoffgruppe zählen neben Ibuprofen auch Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin) und Diclofenac.

Wer sich nun entsetzt an die Stirn greift und über den eigenen Schmerzmittel-Konsum der letzten Tage nachdenkt, dem sei gesagt: Die Uni Wien hat bereits dementiert, dass die Forschungsergebnisse von deren Wissenschaftlern stamme: "Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um Fake News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der MedUni Wien stehen!" schreiben die Verantwortlichen der Uni auf deren Facebook-Seite.

Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) kann sich hingegen durchaus vorstellen, dass insbesondere ASS, aber auch Ibuprofen, bei der Lungenerkrankung Covid-19 nicht hilfreich sein könnten. "Ibuprofen hemmt die Blutgerinnung, das wäre ein möglicher Hinweis", erläutert der Virologe. Damit steige das Risiko für innere Blutungen. "Bei Paracetamol ist das nicht der Fall."

Dennoch sei ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von NSAR und schweren Verläufen bei Covid-19 nach seinem Wissen bislang nicht gesichert, betont Schmidt-Chanasit. "Wir wissen wenig über die Pathogenese des Virus Sars-CoV-2. Es gibt dazu bisher keine klinischen Daten." In Frankreich ist Ibuprofen seit Jahresbeginn nicht mehr frei in Apotheken verkäuflich.


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