Antisemitismus auf "X"
Lauterbach postet persönliches Foto - und erntet puren Hass im Netz
25.9.2023, 09:24 UhrSeit gut einem Jahrzehnt gibt es jenes Phänomen im Netz - rechte Gruppierungen und Verschwörungsgläubige stürzen sich auf Kommentarspalten, um Antisemitismus, Hass und Hetze zu verbreiten. Das Ziel: Den Eindruck erwecken, ihre Meinung wäre die der Mehrheit. Und obwohl diese Reaktionen kaum noch überraschen, erschrecken sie immer wieder aufs Neue.
Mit einer Welle antisemitischer Hasskommentare mussten sich nun der Nobelpreisträger für Ökonomie Amartya Sen und seine Ehefrau Emma Rothschild konfrontiert sehen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) postete am Samstag auf der Social-Media-Plattform "X" ein Selfie von sich mit den beiden. Der 89 Jahre alte Amartya Sen sitzt in der Mitte, rechts daneben lacht Rothschild in die Kamera.
Lauterbach würdigte in dem Post seinen Doktorvater, der noch immer in Harvard lehrt. "Sein ganzes Leben hat er dem Thema soziale Gerechtigkeit gewidmet. Ein Vorbild für mich bis heute", schrieb er unter das Foto. Sen ist ein international anerkannter Wissenschaftler und Gerechtigkeitstheoretiker.
Wunderbares Treffen bei meinem Doktorvater Amartya Sen und seiner Frau Emma Rothschild. Amartya, Nobelpreis für Ökonomie 1998, unterrichtet mit 89 J noch immer in Harvard. Sein ganzes Leben hat er dem Thema soziale Gerechtigkeit gewidmet. Ein Vorbild für mich bis heute. pic.twitter.com/iauhm0JzgX
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) September 23, 2023
Das hielt einige Nutzer jedoch nicht ab, ihre Hass-Kommentare unter das Bild zu posten. Viele nahmen dabei Bezug auf den Nachnamen Emma Rothschilds und spielten somit auf antisemitische Verschwörungserzählungen an. Landtagskandidat Markus Saller (Freie Wähler) für den bayerischen Wahlkreis Mühldorf am Inn goss Öl in das Feuer, indem er "Rothschild?" kommentierte.
Mehrere "X"-User verbreiteten seinen Beitrag, fertigten einen Screenshot an und machten auf weitere fragwürdige Reaktionen des Politikers aufmerksam. Sallers Account ist mittlerweile gelöscht. Der Vorfall ist nach dem Antisemitismus-Vorwürfen gegenüber dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger besonders pikant. Medien berichteten in den vergangenen Wochen von einem antisemitischen Flugblatt, das zu Schulzeiten bei Aiwanger gefunden wurde. Aiwanger entschuldigte sich daraufhin öffentlich, lehnte einen Rücktritt allerdings ab.