Menschgemachte Gefahr

Mehr als halbe Million Menschen durch Wetterextreme gestorben - Experten schlagen Alarm

Stefan Besner

Online-Redaktion

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1.11.2024, 19:22 Uhr
Apocalyptic scene on city with thunderstorm

© Copyright: xvs@victoria-schaal.c/IMAGO/Depositphotos Apocalyptic scene on city with thunderstorm

Die Pegnitz hat sich in einen reißenden Strom verwandelt. Nürnberg steht unter Wasser. Menschen harren auf Dächern aus. Wer nicht rechtzeitig auf höher gelegenes Terrain fliehen kann, wird Opfer der Fluten. Nürnberg ist "vom Wasser zerrissen…", heißt es in Berichten über die Flut von 1909. Heute würde man ein solches Ereignis eine "Jahrhundertflut" nennen.

Diese "Jahrhundertfluten" kommen in letzter Zeit allerdings deutlich häufiger vor, als uns lieb sein kann. Selbst in gemäßigten Breiten sind Starkregen (Nürnberg, vollgelaufene Unterführungen), extreme Dürre (Norditalien) und Rekordhitze (nicht nur in Nordeuropa) keine Ausnahme mehr. Seit 2004 sind laut "Tagesschau" mehr als 570.000 Menschen infolge von Extremwetterereignissen umgekommen. Eine neue Studie zeigt: Ohne den menschengemachten Klimawandel hätte es erheblich weniger Opfer gegeben.

Vergleich des Wettergeschehens

Bei einer entsprechenden Attributionsstudie nutzten Forschende demnach Wetterdaten und verglichen sie mit Werten aus Klimasimulationen. Das aktuelle Wettergeschehen wurde somit ins Verhältnis gesetzt zu einem simulierten Wetter, wie es sich ohne globale Erderwärmung verhalten hätte.

Die Unterschiede waren frappierend und zeigten auf, inwieweit der vom Menschen gemachte Klimawandel für Extremwetterereignisse und deren Folgen verantwortlich ist.

Die zehn tödlichsten Wetterkatastrophen

In der kürzlich publizierten Arbeit haben Wissenschaftler zehn Extremwetterereignisse analysiert. Darunter drei Wirbelstürme im Indopazifik, vier Hitzewellen in Europa, zwei Starkregenereignisse und eine Dürre am Horn von Afrika. Auffallend sei, dass allein vier der zehn Ereignisse mit den meisten Todesopfern in Europa stattgefunden haben, erklärt Friederike Otto, Mitbegründerin und Leiterin der WWA, gegenüber der "Tagesschau": "Der Klimawandel ist nicht weit weg, er trifft jedes Land, jede Stadt.", so die Expertin.

Ihr Fazit nach Auswertung der Daten ist eindeutig: Der Klimawandel - verursacht durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Gas, Kohle und Öl wie auch die Abholzung der Wälder - hat nach Analyse der Wissenschaftler die zehn tödlichsten Extremwetterereignisse seit 2004 verschärft.

Dunkelziffer viel höher

Die Forscher betonen nachdrücklich, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer weit höher liegen dürfte, weil die Studie nur jene Toten erfasse, die im direkten Zusammenhang der Extremwetterereignisse gemeldet würden. Insbesondere die Gefahr von Hitzewellen, wie sie auch in Deutschland und allgemein Mitteleuropa in immer häufigerer Schlagrate vorkommen, werde hinsichtlich ihrer letalen Tragweite häufig unterschätzt.

In Europa sind demnach 2022 mehr als 53.000 Menschen, 2023 mehr als 37.000 Menschen infolge der Hitze gestorben, prangert Klimaforscherin Otto an. "Gerade hat eine Studie der ETH Zürich festgestellt, dass ohne den Klimawandel die Hälfte dieser Menschen überlebt hätte."

Ihre Prognose gibt zu Denken: Extremwettereignisse werden sich in Zukunft häufen. Extremwetterereignisse werden intensiver. Die Ergebnisse zeigen eindeutig auf, wie gefährlich bereits eine Erderwärmung von 1,3 Grad sich auswirken könne. Bei einer erwarteten Erderwärmung von drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts ist jedoch nicht einmal ansatzweise vorherzusehen, welche Ausmaßen Dürre, Starkregen, Hitzewellen et cetera annehmen werden. Nur eines ist sicher: Wenn sich in einem System mehr Energie (Hitze) befindet, werden die Reaktionen explosiver.

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