Mode: Die Zweitausender kommen zurück
28.1.2021, 20:57 UhrHast du Teile aus den Zweitausendern in deinem Kleiderschrank?
Sabrina Rodehau: Ja tatsächlich, die Hose eines Juicy Couture Anzuges.
Was ist das?
Rodehau: Kennt man. Paris Hilton, Zweitausender, diese Nicki-Flauschanzüge mit Aufdruck über den Popo. Ist momentan auch in der Hip-Hop und Deutschrap Szene eine gefragte Geschichte.
Wurden die Flauschanzüge nicht sogar auf roten Teppichen getragen?
Rodehau: Ja genau. Die Jogginghose ist bereits in den letzten Jahren salonfähig geworden. Das Zweitausender-Thema ist übrigens vor allem bei Kundinnen zwischen 13 und 15 Jahren angesagt. Das heißt jetzt auch gar nicht mehr Zweitausender, sondern Y2K.
Tag der Jogginghose: Man liebt sie, oder man hasst sie.
Und welche Teile aus Y2K werden bei dir im La Cola gesucht?
Rodehau: Diverses. Aber es gib auch ein Problem bei der Mode dieses Jahrzehnts: Die klassische schnelle Mode, auch Fast Fashion genannt, wie wir sie von großen Modeketten kennen, wird seit den Zweitausendern hergestellt. Der Nachteil davon: Mangelnde Qualität, das sehe ich an unserer Kommissionsware. Vom Zustand sind die Teile von damals daher oft nicht mehr so gut, dass ich sie bei uns in den Laden hängen könnte. Die landen bei uns im Schatzkeller, wo jedes Teil zwei Euro kostet.
Und da finde ich noch Originale?
Rodehau: Da findest du wirklich alles. Wir haben die klassischen Bootcut-Hosen, die jetzt wieder kommen. Von denen dachte ich ja, dass sie wirklich weg sind. Aber auch Pullunder kommen wieder oder einfache Oberteile, die eher etwas mädchenhaft sind. Bei jungen Kundinnen fällt mir oft auf, dass ich in deren Alter genauso rumgelaufen bin.
Kommen wir zur doch mal zur Hose: Derzeit ist der Jeanstrend eher hoch- statt tiefsitzend. Vor 20 Jahren war das Gegenteil der Fall. Wandern die Hosen wieder tiefer?
Rodehau: Bei einer gewissen Altersgruppe ja. Es gibt einen Instagram-Kanal, der heißt nuernbergfits. Dort werden immer wieder Umfragen gemacht. Letztens haben sie gefragt, ob ihre Follower Bock auf tiefsitzende Hosen haben. Die Mehrzahl ihrer Abonnementen hat mit „ja“ geantwortet. Bei uns werden die tiefsitzenden Hosen ebenfalls nachgefragt.
Gibt es einen bestimmten Schnitt, den man jetzt trägt?
Rodehau: Naja, jeder interpretiert Mode auf seine Art. Schön ist, dass heute alles möglich ist. Als ich jung war, gab es nur die klassischen Trends. Bist du denen nicht gefolgt, warst du nicht mehr angesagt. Jetzt ist es diverser geworden.
Ist Individualität heute der Anspruch?
Rodehau: Ja, deswegen sind secondhand Klamotten so cool geworden. Du kannst dich anders ausdrücken, als über Stangenware. Ganz klar, auch die großen Hersteller greifen Trends auf. Wenn du Kollektionen von H&M und Zara anschaust, schauen die Sachen zwar aus wie aus Y2K, sie sind es aber nicht. Die Kids heute wollen lieber Originale. Es gibt einen ganz neumodischen Begriff, der heißt "thrifting“.
Das ist?
Rodehau: Das Kaufen von secondhand Mode. Macklemore singt in seinem Welthit von einem "Thrift Shop“, das ist ein Second-Hand-Laden. In Amerika gibt es wahnsinnig viele dieser Geschäfte, da ist das Spenden alltäglich. Die Leute kaufen, ziehen es an und geben es wieder in den Kreislauf zurück. Das klappt bei uns noch nicht so.
Nicht alles aus den Zweitausendern passt in die heutige Zeit. Nehmen wir den Playboyhasen, bekannt als Markensymbol des bekannten Männermagazins. Damals war er damals als Schlüsselanhänger, Plüschkissen oder Nasenpiercing allgegenwärtig. Denkst das Symbol würde sich heute wieder verkaufen?
Rodehau: Ja, ich glaube schon. Aber auch, weil viele die Symbolik nicht reflektieren. Das passiert bei Trends öfter. Wenn genug Leute es cool finden und stolz tragen, steigen die anderen darauf ein. Gibt’s den Playboy überhaupt noch?
Nicht mehr in der Form, wie man ihn damals kannte.
Rodehau: Siehst du, auch der ist im Wandel und hat sich dem Zeitgeist angepasst. Frauen sind jetzt mehr nur als nur Sexsymbole.
Um beim Schlüpfrigen zu bleiben: Kommen wir zur Unterwäsche, die in den Zweitausendern gerne aus der Hose herausblitzte. Jennifer Lopez hat vor einigen Jahren versucht, den Trend zurück zu bringen. Wie siehst du die Chancen für eine Rückkehr des Höschen-Trends?
Rodehau: Ich glaube es kommt alles wieder. Dieser Trend ist momentan in der Deutschrap-Szene wieder aktuell. Mädels, eine davon ist Poussey, die trägt das genau wie in den Y2K. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass man diesen Style eher in Berlin, als in der Metropolregion Nürnberg wieder sehen wird.
Wieso?
Rodehau: Innerhalb einer Szene gibt es Styles, die du nie auf der Straße sehen wirst. Viele Mädels treffen sich, die thriften, nähen Klamotten um und präsentieren ihre Outfits auf Instagram. Ich glaube nicht, dass sie so unbedingt in die Schule gehen würden. Die nutzen das als spielerische Plattform.
Quasi Mode als Hobby?
Rodehau: Ja genau. Das ist es schön, wenn secondhand Kleidung gekauft wird. So wird der Umwelt nicht geschadet.
Nochmal zurück zum Jahrzehnt. Warum kommt das Interesse an der Mode ausgerechnet jetzt wieder?
Rodehau: Weil das Jahrzehnt noch nicht so lange zurück liegt und die Artikel noch präsent sind. Die Jugend findet oft in den Kleiderschränken ihrer Eltern noch Sachen aus der Zeit. Oder sie sehen Bilder die damals mit den ersten Digitalkameras gemacht wurden. Außerdem ist meine persönliche Meinung, dass es in den letzten Jahren keine wirklichen Trend gab, oder fällt dir etwas ein?
Die High-Waist-Jeans aus den siebziger, achtziger Jahren vielleicht?
Rodehau: Das schöne ist, dass heutzutage alles geht. Die jungen Leute haben verstanden, dass man sich über Kleidung ausdrücken kann. Ich feiere es sehr, dass heute jeder anziehen kann, was er will, ohne blöd angeschaut zu werden. Wenn du an diese Flauschanzüge zurückdenkst: Damals hatte die jeder Zuhause und es gab festgefahrene Stereotypen wie Paris Hilton oder Britney Spears. Heute ist es anders. Du suchst dir aus, was du sein willst.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen