Umweltamt warnt
Nicht joggen! Feinstaub-Alarm über ganz Deutschland: Grenzwerte teils massiv überschritten
12.02.2025, 10:50 Uhr![Unter anderem wegen Kraftwerken liegt die Schadstoffbelastung in der Luft derzeit auf gefährlich hohem Niveau. Unter anderem wegen Kraftwerken liegt die Schadstoffbelastung in der Luft derzeit auf gefährlich hohem Niveau.](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.14577603:1739369020/07022023_Sonnenaufgang_am_BraunkohleKraftwerk_.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=e26b8e6)
Es vermindert das Risiko für Bluthochdruck, steigert die Leistungsfähigkeit, verringert den Körperfettanteil, verbessert die Herzaktivität und erhöht das Lungenvolumen. Kurz: Joggen ist eigentlich sehr gesund für den menschlichen Körper – dennoch wird aktuell davon abgeraten, länger im Freien zu laufen. "Besser ist ein gemütlicher Spaziergang, anstatt zu joggen. Dabei atmet man deutlich weniger schlechte Luft ein und mit der Bewegung auch etwas Gutes für seinen Körper", schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Website. Ursächlich für diese Warnung ist die aktuelle Luftqualität: Sowohl Deutschland als auch weite Teile Zentraleuropas haben derzeit mit dramatisch verdreckter Luft zu kämpfen. In zahlreichen Orten wurden Feinstaubwerte gemessen, die die höchste Warnstufe von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter teilweise bis zum doppelten Wert überschreiten. Die Feinstaubkarte für Deutschland, welche ebenfalls auf der Website abrufbar ist, weist schon seit mehreren Tagen in vielen Regionen rote Bereiche aus.
Die Region Nordbayern liefert zwar hinsichtlich der Feinstaubbelastung aktuell keine Spitzenwerte, zählt aber auch nicht zu den Hotspots in Deutschland. An den westmittelfränkischen Messstationen in Ansbach und Bad Windsheim wurde eine mäßige Luftqualität festgestellt. In Nürnberg und Würzburg variieren die Ergebnisse je nach Messörtlichkeit zwischen mäßiger und guter Luftqualität. Sämtliche andere erfassten Städte in der Region schneiden gut bis sehr gut ab: Beispielsweise Fürth, Bamberg, Regensburg und Bayreuth wird eine gute Luftqualität attestiert, in Erlangen, Schweinfurt und Neustadt an der Aisch sei diese sogar sehr gut. Dennoch bleibt das Bundesland Bayern nicht verschont, insbesondere an der thüringischen, tschechischen und österreichischen Grenze häufen sich rote Regionen mit hoher Feinstaubbelastung.
Drei Gründe für schlechteste Luftqualität seit Jahren
Doch warum sind die Schadstoffwerte in der Luft derzeit überhaupt so hoch? Dafür gibt es drei Gründe. Erstens wird im Winter generell mehr Feinstaub ausgestoßen, da mehr Energie benötigt und Kamine mit Holz geheizt werden sowie durch die erhöhten Emissionen aus dem Straßenverkehr. Das teilt das Umweltbundesamt mit. Da Deutschland - beziehungsweise Mitteleuropa im Allgemeinen - heuer einen relativ kalten Winter erlebt, wird mehr geheizt als in den eher warmen Wintern der vergangenen beiden Jahre.
Zweitens machen der deutschen Luftqualität nicht nur die in Deutschland freigesetzten Emissionen zu schaffen, sondern auch jene aus Polen. Das liegt daran, dass dort in vielen Regionen noch stark auf Kohlekraftwerke gesetzt wird, "was große Mengen an Feinstaub freisetzt", erklärte Meteorologe Dominik Jung gegenüber der "Bild". Dieser Einfluss ist natürlich nicht in allen Städten gleich ausgeprägt: Wie Ute Dauert, Leitung Fachgebiet zur Beurteilung von Luftqualität, gegenüber dem Blatt feststellt, machen Emissionen aus Polen in Berlin genau die Hälfte der Schadstoffbelastung aus, nur 12 Prozent des Berliner Feinstaubs kommen indes aus Deutschland. In Hamburg sind polnische Kohlekraftwerke und sonstige Emissionen aus dem Nachbarland noch für 35 Prozent des dortigen Feinstaubs verantwortlich.
Drittens verstärken die vorherrschenden Wetterbedingungen das Problem: Aktuell ist es nahezu windstill und trocken, es besteht eine winterliche Hochdrucklage und eine sogenannte Inversionswetterlage. Das bedeutet: Warme Luft liegt über der kalten Luft am Boden, es findet kaum Austausch statt. Die Schadstoffe sind dadurch in den unteren Luftschichten, die etwa 500 bis 600 Meter dick sind, gefangen und stauen sich über mehrere Tage in der Luft.
Feinstaubbelastung kann lebensgefährliche Erkrankungen begünstigen
Der dritte Grund bedeutet aber auch, dass ein Wechsel zu einer Tiefdruckwetterlage mit Wind und Regen oder Schnee laut dem Umweltbundesamt "zu einer raschen Entspannung der Situation führen" würde. Allerdings ist dieser grundlegende Wetterwechsel noch nicht in Sicht. Entsprechend bleiben die Feinstaubwerte weiterhin relativ hoch und die Giftluft in Deutschland. Für Menschen mit Vorerkrankungen drohen schon mit mittelschwerer Luftbelastung "moderat" gesundheitliche Probleme. Daher empfiehlt das Umweltbundesamt dieser Gruppe in der gegenwärtigen Situation "auf anstrengende Aktivitäten im Freien", darunter etwa ein Joggen, zu verzichten. Ist der Indexwert "sehr schlecht" gilt diese Empfehlung für alle Menschen unabhängig ihres Gesundheitszustandes. Meteorologe Jung warnt eindringlich: "Lungenkrebs, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Atemwegserkrankungen – all das wird durch anhaltend hohe Feinstaubbelastung begünstigt. Besonders gefährlich ist Feinstaub für Kinder."
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