Polizeigewalt

„Starker Missbrauch“: Das sagen Hundeexperte Rütter und Peta zu viralem Video von den Demos in Riesa

Alicia Kohl

Redakteurin

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17.1.2025, 14:56 Uhr
Während der Demonstrationen in Riesa kam es zu mehreren im Nachhinein stark diskutierten Szenen.

© Jan Woitas, dpa/Screenshot Instagram Während der Demonstrationen in Riesa kam es zu mehreren im Nachhinein stark diskutierten Szenen.

Am vergangenen Samstag hat die AfD ihren Parteitag in Riesa abgehalten, rund 10.000 Menschen protestieren dagegen. Noch am selben Tag gehen Videos viral. Wie ein Linken-Politiker von einem Polizisten ohnmächtig geschlagen wird. Wie Wasserwerfer und Pfefferspray gegen die Demonstrierenden eingesetzt wird. Und wie ein Polizist einen Diensthund offensichtlich dazu bringen will, einen sich bereits zurückziehenden Demonstranten zu beißen. Diskussionen um Polizeigewalt vor allem gegen linke Aktivistinnen und Aktivisten werden laut. Aber auch um Tierquälerei.

Denn der Polizist, der seinen Hund dazu bringen will, einen Demonstranten zu beißen, packt das Tier und wirft es förmlich in Richtung des Mannes. Dabei schleudert er es auch gegen eine Leitplanke, hinter die der Mann flüchtet. Im Hintergrund sieht man einen weiteren Hund, der sich am Arm eines anderen Polizisten festgebissen hat.

"Das hat mit Hundetraining nichts zu tun"

Auf Instagram hat sich Hundeexperte Martin Rütter zu dem Fall geäußert. "Wir sehen Hunde, die gestresst sind, Menschen, die gestresst sind, aber vor allem sehen wir einen Menschen, der nullkommanull in der Lage ist, einen Hund zu handeln." Der Hund sei schlecht ausgebildet, da er weder zupacke, obwohl er das Signal dazu bekommt, noch sei er gut abrufbar. Er sei überhaupt nicht für das geeignet, was er da tun soll. "Der ist sehr sensibel, er nimmt die Ohren zurück und weiß nicht, wie ihm geschieht."

Betrachtet man dann das Verhalten des Polizisten, das Packen am Hals, das Wegreißen, das Würgen, sagt Rütter: "Würde man das bei einer Privatperson im Park sehen, würde man den Tierschutzverein rufen. Oder - Achtung lustig - die Polizei alarmieren."

Im Hintergrund des Videos sieht man außerdem einen Hund, der laut Rütter so überdreht ist, dass er nicht mehr unterscheiden könne, wer Freund und wer Feind ist. Er geht nicht gegen die Demonstrierenden, sondern gegen einen Polizisten und verbeißt sich in seinem Ärmel. Der andere Polizist, der ihn an der Leine hat, habe gar keinen Überblick über die Situation.

Aus vielerlei Hinsicht ist das Video für Rütter an Absurdität nicht zu übertreffen, wie er es formuliert. "Wir sehen, dass Hunde dort in höchster Art und Weise schlecht behandelt werden und nicht gut in Gehorsam stehen. Das hat mit Hundetraining nichts zu tun, sondern ist für mich ein starker Missbrauch von Tieren", findet Rütter klare Worte.

Peta erstattet Anzeige

Die Polizei selbst äußert sich aktuell nicht zu dem Video. Auch das Polizeipräsidium Mittelfranken, das unsere Redaktion angefragt hat, um die Situation aus ihrer Sicht einzuordnen, kann den Vorfall nicht bewerten, da von der dortigen Staatsanwaltschaft und polizeiintern ermittelt werde, so ein Polizeisprecher.

Die Tierrechtsorganisation Peta bezeichnet den Umgang der Einsatzkräfte mit den Hunden in einer Pressemitteilung als "hochgradig tierschutzwidrig" und will in Kürze Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Dresden gegen den verantwortlichen Polizisten erstatten. Außerdem fordert Peta die Politik auf, den Einsatz von Hunden bei der Polizei endlich abzuschaffen.

"Die aktuellen Aufnahmen aus Riesa zeigen erneut, dass Hunde bei Polizeieinsätzen nichts zu suchen haben", so Jana Hoger, Tierpsychologin mit Schwerpunkt Hund und Fachreferentin bei Peta. "Wir hoffen, dass es den betroffenen Hunden gut geht und sie keine körperlichen Schäden von dieser grausamen Behandlung davon getragen haben." Die Psyche der Hunde würde unter einem solchen Einsatz sicher leiden. Sie seien eigentliche freundliche, soziale Lebewesen, die bei der Polizei zu einer Art Waffe, gegen ihren Willen zu einer Art Waffe konditioniert werden würden. "Ihre Treue zur Bezugsperson wird dabei schamlos ausgenutzt. Das ist unethisch und muss aufhören. Gute Polizeiarbeit kommt ohne Tiere aus. Dieser Einsatz in Riesa muss Konsequenzen haben."

Inzwischen liegt der Polizei bereits eine Anzeige vor, ein Verfahren läuft. Bis das zu einem Ergebnis kommt, dürfte es aber wohl noch eine ganze Weile dauern.