EU entscheidet über Schutzregelung

Steht der deutsche Döner vor dem Aus? Türkei stellt entsprechenden Antrag

Andrea Munkert

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24.7.2024, 17:07 Uhr
Steht der deutsche Döner vor dem Aus? Türkei stellt entsprechenden Antrag

© IMAGO/MichaelxKorte/FUNKE Foto Services

Wann ist ein Döner ein Döner - und wann nicht? Mit dieser Frage hat sich nun die Europäische Union zu befassen. Denn die EU muss bald darüber entscheiden, ob der Döner als "traditionelle Spezialität" geschützt wird - wie zum Beispiel der "Parmigiano Reggiano", der "Grana Padano" oder der spanische Serrano-Schinken. Ginge der Schutzantrag der Türkei durch, dürften viele Döner nicht mehr als solche betitelt werden - die Empörung ist gerade in Deutschland groß. Doch: Welche Chancen hat der türkische Antrag?

Der "International Doner Federation", die den Schutzantrag in der EU eingereicht hat, geht es dabei ums blanke Fleisch: Demnach gehören in einen traditionellen Döner nur Lammfleisch oder Fleisch von Rindern, die mindestens 16 Monate alt sind.

Die Vorsitzende der Organisation, Huriye Özener, erklärt gegenüber "tagesschau.de": "Wir haben die Registrierung für den traditionellen Döner eingeleitet. Einschließlich des zu verwendenden Fleisches, des Marinierens und Aufspießens und der genauen Garzeit."

Außerdem gebe es genaue Anweisungen, wie das Fleisch vom Spieß abgeschnitten werden soll - nämlich von oben nach unten, in zwei bis fünf Millimeter dicken Streifen, mit einem circa 55 Zentimeter langen Dönermesser. Um die Zutaten wie Brot, Soße, Salat und Kraut geht es dem Zusammenschluss türkischer Döner-Erzeuger mit Sitz in Istanbul gar nicht.

Schutzregelung würde Branche durchrütteln

Der Antrag könnte ein großes Beben in der durchaus großen Branche auslösen: Angaben des Vereins türkischer Döner-Hersteller in Europa zufolge werden aktuell in ganz Euro rund 400 Tonnen Döner pro Tag produziert. Die Zahl der Beschäftigten belaufe sich auf circa 60.000 Mitarbeiter. Die Döner-Branche erzielt in Deutschland jährlich ca. 2,4 Milliarden Euro Umsatz, europaweit ca. 3,5 Milliarden - das zeigt einmal mehr, wie sehr das Gericht den Gaumen hierzulande schmeckt.

Döner würde sich einreihen

Einige Produkte beziehungsweise Lebensmittel sind bereits von der EU entsprechend geschützt worden, wie erwähnt unter anderem der spanische Serrano-Schinken oder das belgische Gueze-Bier. Auch die Nürnberger Rostbratwürste, bei der es sich um die kleinste Bratwurst der Welt handelt, ist durch eine EU-Richtlinie geschützt, und kommt somit in einer ganz speziellen Rezeptur garantiert aus der Frankenmetropole. Insgesamt gibt es bislang rund 90 von der EU geschützte Bezeichnungen für "garantiert traditionelle Lebensmittel".

Diese Produkte dürfen quasi überall unter dem Namen hergestellt und verkauft werden, allerdings nur nach den Kriterien, die der Antragsteller von der EU hat absegnen lassen.

Was bedeutet es für den Döner, wenn die EU dem Antrag zustimmt? All die Döner-Verkäufer in der Europäischen Union, die rund 400 Tonnen Döner pro Tag produzieren, müssten sich künftig an die geforderten und strengen Vorgaben halten. Was, bei Verwendung von Lamm- oder Rindfleisch, entweder den Preis nach oben treiben oder zu Namensänderungen führen würde - also "Drehspieß" statt "Döner"?

DEHOGA sieht weitreichende Folgen für Döner-Branche

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA erklärt dazu: "Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Döner-Gerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten." Das würde folglich, laut DEHOGA, zum Nachteil der Kunden geraten: "Denn bei dem Antrag geht es explizit nicht um die Frage von Qualitätsstandards, sondern darum, was in Deutschland unter einem Döner zu verstehen ist."

Andererseits setzt eine deutsche Verordnung bereits seit 1992 bestimmte Qualitätsstandards: Hähnchen- oder Putenfleisch sind als Zutat eigentlich gar nicht vorgesehen (wie aktuell zum Beispiel im "Berliner Döner", auch der Hackfleisch-Anteil ist demnach auf maximal 60 Prozent in der Speise gedeckelt.

Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Verbands, sieht keine Notwendigkeit für die geforderten Vorgaben der EU. Was einen Döner, der in Deutschland verkauft werde, ausmache, sei bereits "klar und detailliert" in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission festgeschrieben. "Diese Anforderungen sind in Deutschland gelernt, akzeptiert und beliebt," wird die DEHOGA-Chefin in der "Bild" zitiert. Der Döner aus dem EU-Antrag würde nicht einem deutschen Döner entsprechen.

In Berlin sitzt der Verein der türkischen Döner-Hersteller in Europa. Der betrachtet, laut "tagesschau.de", die neue Schutzregelung eher mit Skepsis, will sich aber aufgrund des laufenden Verfahrens nicht weiter äußern.

Wie geht es weiter mit dem Schutzantrag für den Döner?

Die Einspruchsfrist auf nationaler, also zum Beispiel deutscher, Ebene lief bereits Ende Juni ab. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat zehn "begründete Einwände" aus Deutschland gegen die Eintragung des Döners als "garantiert traditionelle Spezialität" entgegengenommen - diese Leibspeise umzubenennen, komme für sie nicht infrage. Diese Einwände werden nun geprüft und bis 24. Juli an die EU-Kommission weitergegeben.

Diese leitet dann eine sogenannte Konsultationsprüfung ein, bei der es auch darum geht, wer eigentlich die Herkunft des Döners sein Eigen nennen darf oder wer das sogenannte geistige Eigentumsrecht an der Speise innehat. Dies soll sich maximal ein halbes Jahr ziehen. Anschließend entscheidet die EU, ob der Döner als "traditionelle Spezialität" entsprechend geschützt wird - und es bei uns zu großflächigen Umbenennungen kommt.

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