Einsatz von Giftstoffen
"Umwelt stirbt ab": Biologe Mark Benecke sieht Insekten als Lebensmittel kritisch
22.2.2023, 13:30 UhrInsekten als Nahrungsmittel geltan als eine klimafreundliche, wenn auch - zumindest für uns Europäer - gewöhnungsbedürftige Alternative zu gängigen, tierischen Proteinquellen. Mark Benecke, der vielen als Schauspieler oder Politiker der Satirepartei "Die PARTEI" bekannt sein dürfte, sieht das anders. Der Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie (Insektenkunde) hält Insektenzucht für den Massenverzehr für ungeeignet. Es sei "biologisch falsch", die Tiere zu essen, erklärt er in einem Interview mit Utopia.
Insekten - Superfood von morgen?
In Deutschland sind essbare Insekten noch unüblich und häufig mit Ekel verbunden. Weltweit dienen die Sechsbeiner laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber bereits zwei Milliarden Menschen als Nahrungsquelle. Auch die EU lässt sukzessive Insekten als Nahrungsmittel zu. Sie seien gesund, brauchten weniger Platz und Wasser als Rinder, Schweine oder Hühner, ihr essbarer Anteil sei höher, ergo seien Insekten nachhaltiger, heißt es von Seiten der Verbraucherzentrale. Darüber hinaus könnten die kleinen Krabbler als exzellente Quelle für Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine sowie wichtige Mineralstoffe dienen. Und ganz nebenbei verursachten sie auch noch weniger Treibhaus-Emissionen. Insekten - der Superfood von morgen also?
Biodiversität massiv in Gefahr
Mehr als 85 Prozent aller Pflanzenarten sind abhängig von Bestäubung. Darunter viele Pflanzen, die zur Grundlage der weltweiten Ernährung zählen, wie Äpfel, Avocados, Karotten, Zucchini und Brokkoli. Die Biomasse von fliegenden Insekten, wovon zahlreiche als Bestäuber agieren, ist zwischen 1989 und 2014 in Deutschland insgesamt um über 75 Prozent zurückgegangen, wie Quarks berichtet. "Wir leben in der Zeit des größten, also je gemessenen, Artensterbens seit es Menschen gibt. Mehr Aussterben geht nicht.", erklärt Benecke.
Massenzucht von Insekten sei vor diesem Hintergrund nicht nur keine Lösung, sondern sogar noch kontraproduktiv. Außer bei Larven der Schmeißfliege sei eine Produktion im großen Stil nur unter massivem Einsatz von Medikamenten und industriell hergestellten Giften möglich. Die Folge: "Die Umwelt drumherum stirbt ab.", so Benecke. Die ganze Idee der Insekten-Massenzucht sei "hilflos." Sie lenke nur von den tatsächlichen Schwierigkeiten der zehntausendfach wissenschaftlich beschriebenen Natur-Netz-Zerstörung ab.
Pflanzliche Ernährung als Lösung
Um die bedrohte Biodiversität zu retten, führe Benecke zufolge kein Weg daran vorbei, den Land- und Wasserverbrauch zu beenden. Durch pflanzliche Ernährung könnten die Hälfte, vermutlich sogar drei Viertel, der Land- und Wasser-Flächen freigeben werden. "Es ist kinderleicht, sofort möglich und steht in Einklang mit allen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Studien, die ich in den letzten drei Jahren gelesen habe.", so Benecke. Moralische bedenken hege er als überzeugter Veganer bezüglich des Verzehrs von Lebewesen keine, es sei schlichtweg "biologisch falsch", Tiere zu verwenden, erläutert Benecke und stellt klar: "Außer, ich befinde mich in irgendwelchen Not-Situationen."