Verzicht im Selbstversuch: Sieben Tage ohne Plastik
19.12.2018, 10:49 UhrZugegeben: Beim Thema "Plastikmüll vermeiden" habe ich einen Vorsprung. Seit eineinhalb Jahren beschäftige ich mich intensiv mit diesem Thema, versuche meinen Verpackungsabfall auf ein Minimum zu reduzieren und suche dafür fortwährend nach Alternativen. Im vergangenen Jahr habe ich zudem für unsere Zeitung bereits einen Selbstversuch gestartet, ob es mir gelingt, eine ganze Woche lang überhaupt keinen Plastikmüll zu produzieren.
Kleine Standardausrüstung
Ergebnis damals: Ich konnte meinen Verbrauch wirklich drastisch herunterschrauben - aber nicht komplett. Das ging vor allem dann nicht, wenn ich doch mal spontan einkaufen musste und nicht vorplanen konnte. Einiges habe ich seit damals tapfer beibehalten (bei der Umstellung von Shampoo in der Plastikflasche auf trockene Haarseife hatte meine Familie mein Haupthaar zwischenzeitlich als "Besen" betitelt.
Inzwischen bin ich bei trockenem Shampoo angekommen, was wunderbar funktioniert, in einer Papierverpackung verkauft wird und mir keinen neuen Spitznamen eingebracht hat, der Jutebeutel für den Einkauf, die Bambus-Zahnbürste und der Rasierer aus Metall gehören sowieso zur Standardausrüstung. Für die Nürnberger Nachrichten will ich nun ein weiteres Mal versuchen, eine Woche lang wirklich gar keinen Plastikmüll zu produzieren.
Erste Hürde: Das Waschmittel geht aus
Tag 1 stellt kein Problem dar, weil ich frei habe, alles daheim ist, was ich brauche und ich nicht einkaufen muss. An Tag 2 geht mir das Waschmittel aus. Das ist normalerweise auch kein Problem, da ich das seit über einem Jahr selber herstelle und in Glasflaschen abfülle. Mit dem einfachen Rezept, das ich von dem Online-Blog von Autorin Nadine Schubert habe ("Besser Leben ohne Plastik"), bin ich übrigens super zufrieden. Zu Beginn hatte ich noch etwas Angst, dass meine Kleidung nach einiger Zeit vielleicht nicht mehr ganz so gut riechen würde, aber dem ist ganz und gar nicht so.
Das Problem in dieser Woche ist vielmehr, dass ich nicht die Zeit dafür habe. Waschmittel kommt also auf die Einkaufsliste, die nicht lang ist: Ein bisschen Gemüse, ein wenig Obst und das Waschmittel. Inzwischen weiß ich ziemlich genau, bei welchem Supermarkt ich Unverpacktes bekomme und steuere auf dem Weg in die Redaktion einen Bio-Markt an, bei dem ich hoffe, Waschmittel in einer Kartonverpackung zu bekommen. Dafür nehme ich einen ziemlich großen Umweg in Kauf.
Verpackungswahnsinn im Supermarkt
Habe ich übrigens schon erwähnt, dass ich Obst und Gemüse liebe? Nicht allein, dass fast alles fantastisch schmeckt (nur Sellerie gehört definitiv nicht dazu), die Natur hat sich selbst um die Verpackungen gekümmert. Mit zum Teil ziemlich imposanten Ergebnissen – oder wessen schärfstes Messer ist noch nie an der Schale einer Ananas gescheitert?
Fassungslos stehe ich deshalb immer mal wieder vor den Supermarktregalen: Wer bitte schält Bananen oder Orangen, um sie dann wieder in Plastik zu verpacken und zu verkaufen? Und fast immer ist es die Bio-Gurke, die — zwar immerhin nicht geschält — aber dennoch in Plastik eingeschweißt ist. Warum?
Im Bio-Markt ist die Kiste mit den Gurken leer, ich nehme ein paar Äpfel, drei Karotten, hole mir noch Bohnen und Mais im Glas und studiere schließlich die Boxen mit Waschmittel. Zwei scheiden aus, weil sie von vornherein in einer Plastikflasche daherkommen. Bei den anderen beiden entscheidet der Preis. Und die Aufschrift: Verpackung aus recyceltem Material (Nachschauen!!!).
Kleine Schummelei zur Halbzeit
Tag 3 und 4 vergehen erneut ohne nennenswerte Vorkommnisse. Statt beim Bäcker um die Ecke, bei dem der Salat leider in Plastikschüsseln verkauft wird, hole ich mir meinen Salat zu Mittag bei uns in der Kantine. Kommt auf einem Porzellanteller und ich kann ihn mir auch noch selbst zusammenstellen. Ein bisschen habe ich allerdings auch dieses Mal das Gefühl zu schummeln, schließlich verursache ich nur keinen Plastikmüll, weil ich wieder von meinen Vorräten lebe.
Denn für eines habe ich auch nach eineinhalb Jahren keine richtige Lösung gefunden: Reis- oder Haferdrink, der bei mir die Kuhmilch im Kaffee ersetzt, gibt es nur im Tetrapack. Um auf Plastik zu verzichten, mache ich inzwischen vieles selber, dazu habe ich mich allerdings noch nicht durchgerungen. Für diese Woche reicht mein Vorrat, aber ein wenig geschummelt ist das dann doch.
An Tag 5 kommt eine weitere Schummelei ans Licht. Ich schiebe es ja gerne vor mir her, aber das Wäscheproblem lässt sich nicht weiter vertagen und das gekaufte Waschmittel entpuppt sich als Mogelpackung: Von außen schön in recyceltem Karton gehüllt, ist das Pulver innen noch einmal in dicke Plastikfolie verpackt... Da tröstet mich auch das Versprechen mit den wiederverwendeten Materialien nicht.
Kaffee im Bambus-Becher
Während Tag 6 unspektakulär in Sachen Plastikmüll verläuft, kommt der beste Tipp gegen Plastikmüll an Tag 7 nicht etwa von mir: Gemeinsam mit meiner Schwester und ihrem fast dreijährigen Sohn bummeln wir am Sonntag über den Grafflmarkt in Fürth, bis mein Neffe und ich quengelig werden. Bei ihm macht sich der Hunger bemerkbar, ich hatte meinen letzten Kaffee vor über zwei Stunden. Irgendwo im Vorbeigehen habe ich doch Pommes in Papiertüten zum Mitnehmen gesehen, erinnere ich mich. Während meine Schwester diese bestellt, hole ich mir einen Kaffee. Den Bambus-Becher habe ich heute morgen wohlwissend eingepackt. Als ich zurückkomme, sitzt meine Schwester auf einer Bierbank und genießt die Sonne. "Ich habe umbestellt", eröffnet sie mir. "Wir trinken hier gemütlich ein Radler und Luca bekommt seine Pommes auf einem Teller — gut für die Umwelt und gut für uns!"
Das Fazit: Eine Woche reicht für einen Selbstversuch nicht aus. Das war beim ersten Versuch schon so, das hat sich auch diesmal so verhalten. Eine Weile beschäftige ich mich ja auch schon mit dem Thema, weswegen einige Dinge, wie oben erwähnt, bei mir sowieso zur Grundausstattung gehören.
Seit ich weiß, dass ein Einwegbecher unfassbare 50 Jahre braucht, um zu verrotten, habe ich meinen Becher aus Bambus dabei - sollte mich unterwegs die Lust auf einen Kaffee packen. Ist er daheim in der Spülmaschine, verzichte ich. Im Supermarkt bevorzuge ich unverpackte Lebensmittel oder solche im Glas. Komplett keinen Plastikmüll zu verursachen — davon habe ich mich auch nach dieser Woche verabschiedet. Wir leben in einer Plastikwelt. Plastik ist billig und Plastik ist bequem. Und es ist überall. Werfe ich meinen uralten Fleecepulli weg, fällt auch der unter diese Rubrik. Die alarmierenden Nachrichten über den immensen Plastikmüll, der unsere Umwelt verschmutzt und inzwischen auf unseren eigenen Tellern landet und somit unsere Gesundheit gefährdet, bewegen mich aber immer weiter, stetig nach Alternativen zu suchen, wie ich ihn auf ein Minimum reduzieren kann.
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