Virologe Drosten: Sorge um Infektionszahlen im Frühjahr und Sommer

Vanessa Neuß

nordbayern.de

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26.1.2021, 11:09 Uhr

Dem Spiegel sagte Drosten: "Wenn die alten Menschen und vielleicht auch ein Teil der Risikogruppen geimpft sein werden, wird ein riesiger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, politischer und vielleicht auch rechtlicher Druck entstehen, die Corona-Maßnahmen zu beenden." Das zu frühe Beenden der Maßnahmen könnte dann allerdings zu sehr hohen Infektionszahlen führen, die man sich kaum vorstellen könne. "Dann haben wir im schlimmsten Fall Fallzahlen von 100.000 pro Tag", sagt der Virologe.

In diesem Szenario würden hauptsächlich junge Menschen getroffen werden, die meist weniger stark betroffen sind. Dennoch könnte es zu einer Überlastung der Intensivstationen führen. Außerdem ist Drosten skeptisch, ob die Infektionszahlen wie im vergangenen Frühjahr wieder deutlich sinken. Länder wie Spanien oder Südafrika würden zeigen, dass der Rückgang der Infektionen ab der Überschreitung einer kritischen Linie nicht mehr so einfach ist. Ein hohes Niveau der Corona-Infektionen ist also weiterhin wahrscheinlich, so Drosten gegenüber dem Spiegel.


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Die größte Herausforderung sieht der Virologe darin, die britische Mutation des Virus B.1.1.7 so gut es geht einzudämmen. "Ich glaube, dass jetzt noch die einmalige Gelegenheit besteht, die Verbreitung dieser Variante bei uns zu verhindern oder zumindest stark zu verlangsamen", sagt Drosten im Interview. Wenn es gelingt, die Mutation unter einer kritischen Grenze zu halten, könnte man hoffen, dass es sich nicht so schnell verbreite, führt er weiter aus.

R-Wert weiterhin senken

Drosten betont weiterhin wie wichtig es ist, den R-Wert zu senken - als Zielwert gibt er 0,7 an. Das würde heißen, dass sich die Fallzahlen wöchentlich halbieren würden.


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Zur Einschätzung der aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie spricht Drosten von "Kompromissen" und dem Versuchen, vorhandene Lücken zu schließen. Die Schließung von Schulen und Kitas befürwortet der Virologe weiterhin. Beim Homeoffice hätte man sogar noch mehr tun können, um den ÖPNV weiter herunterzufahren, so Drosten.

Die Zero-Covid-Strategie hält der Virologe für möglich und sogleich erstrebenswert. Experten seien sich allerdings einig, dass dies striktere Maßnahmen mit sich bringen würde, so Drosten.

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