Dauerhaft eingeschränkte Grundrechte
2G: Warum die Ausgrenzung der Ungeimpften falsch ist
15.9.2021, 14:26 UhrDie Impfung sei, so wird es fast parteiübergreifend betont, freiwillig. Und doch kann, wer sich gegen sie entscheidet (viele davon aus reiflicher Überlegung), in manchen Bundesländern bald nicht mal mehr ins Restaurant gehen oder Veranstaltungen besuchen. 2G nennt man das jetzt, was freilich harmloser klingt als dauerhaft eingeschränkte Grundrechte für Millionen Menschen.
Die Begründung für das Vorgehen: Ungeimpfte stellten schließlich eine Gefahr für die Gesundheit anderer dar. Eine Begründung, die auf tönernen Füßen steht: Von einem negativ auf Corona Getesteten geht ebenso wenig, womöglich sogar geringere Gefahr aus als von einem Geimpften, der nicht getestet ist und der - das zeigen Untersuchungen - ebenfalls das Virus weitergeben kann. Ungeimpft - gefährlich, geimpft - ungefährlich: In derart einfältigen Mustern kann keine aufgeklärte Gesellschaft denken. Eigentlich.
Doch genau diesem Muster folgt nun auch der Plan, Beschäftigte ohne Impfung, die von den Behörden in Quarantäne geschickt werden, ihren Verdienstausfall nicht mehr zu ersetzen. Dass selbst der DGB, der bisher nicht gerade mit übermäßiger Kritik an der Coronapolitik der Regierung aufgefallen ist, darin eine Impfpflicht durch die Hintertür erblickt, sollte zu denken geben.
Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler bringt es auf den Punkt: Wenn die Impfung tatsächlich freiwillig ist, dürften Impfunwilligen keine Nachteile entstehen. Doch genau das geschieht. Der Oldenburger Professor, selbst Impf-Befürworter, spricht bereits von einer schleichenden Kriminalisierung all derer, die sich gegen das Vakzin entscheiden.
Das vielbemühte Gegenargument: Mit ihrer Weigerung schadeten Ungeimpfte aber doch der Allgemeinheit - und die Allgemeinheit solle dann auch noch für sie aufkommen? Ein Argument, das auf gefährliches Terrain führt. Denn mit seiner Hilfe ließe sich ganz anderes ebenfalls begründen - zum Beispiel, dass unser Gesundheitssystem stark übergewichtige Menschen oder Raucher nur noch auf deren eigene Kosten behandeln sollte. Eine Gesellschaft, die den Einzelnen nach seinem Wert oder seiner Belastung für die Allgemeinheit bewertet, ist aber keine lebenswerte mehr. Hoffentlich findet wenigstens diese Überzeugung noch Mehrheiten in unserem Land.
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