Desinformationskampagne

AFD verbreitet manipuliertes Baerbock-Video - ein verräterisches Detail entlarvt Kreml-Propaganda

Stefan Besner

Online-Redaktion

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04.09.2022, 20:28 Uhr
Baerbock erklärt u. a., dass sie den Ukrainern "zur Seite stehe, so lange, wie diese das brauchen".

© IMAGO/Janine Schmitz/photothek.de, IMAGO/photothek Baerbock erklärt u. a., dass sie den Ukrainern "zur Seite stehe, so lange, wie diese das brauchen".

Unter dem Hashtag "#BaerbockRuecktritt" forderten zahlreiche Bürger wie Politiker von Baerbock die sofortige Niederlegung ihres Amtes als Außenministerin. Grund war der Mitschnitt einer Podiumsdiskussion in Prag. In dem viralen Video legt die Grünen-Politikerin ihre Haltung zu den Sanktionen gegen Russland sowie zu der Unterstützung für die Ukraine dar - und pfiff vermeintlich auf ihre Wähler in Deutschland. Nun wurde klar: Die Kritik an Annalena Baerbock ist nach Darstellung des Auswärtigen Amts durch pro-russische Desinformation befördert worden.

Gezielte Meinungsmache

Baerbock erklärt in dem Video u. a., dass sie den Ukrainern "zur Seite stehe, so lange, wie diese das brauchen" – und dass sie ihr Versprechen auch halten wolle, "egal was meine deutschen Wähler sagen". Darüber hinaus würde sie die Sanktionen gegen Russland im Winter nicht stoppen, selbst wenn die Deutschen wegen hoher Energierechnungen demonstrierten. Mit Sätzen wie "werde Ukraine an erster Stelle setzen, egal was deutsche Wähler denken" wurde das Video im Internet zur Meinungsmache gegen Baerbock missbraucht. Die Worte "an erster Stelle" fallen jedoch nicht einmal in ihrer Ansprache. Erschwerend kommt hinzu, dass deutsche Medien die englischen Sätze Baerbocks teils falsch übersetzt hatten.

Sinnentstellend geschnitten

Unabhängig von den Tücken der Sprachbarriere, mit denen nach Spiegel-Informationen auch die Welt zu kämpfen hatte, wurde aus einem ursprünglich 2 Minuten 54 Sekunden langen Video ein Clip von weniger als einer Minute zusammengeschnitten. Zwar seien Video- und Audiomaterial nicht mithilfe von Software manipuliert worden, Baerbocks Aussagen wurden jedoch gezielt rekombiniert, sodass der Inhalt völlig verzerrt wiedergegeben wurde. In Wahrheit sagt Baerbock auf der Podiumsdiskussion, dass es glücklicherweise in der Demokratie die Möglichkeit gebe, dass ihre Wählerinnen und Wähler sie abstrafen, wenn sie es anders sehen würden. Außerdem spricht sie davon, dass ganz Europa gute Lösungen finden müsse, um die sozialen Effekte des russischen Angriffskrieges und der Energiekrise ausbalancieren zu können.

Kreml-Proaganda mit Wasserzeichen

Diese inhaltliche Entstellung geschah nicht rein zufällig, wie der Spiegel und das Auswärtige Amt nun berichten. Dahinter stecken Kremlnahe Accounts oder teilweise staatliche russische Akteure, die die Kampagne durch verkürzte Zitate gestartet und immer wieder befeuert haben, heißt es in einer Analyse des "Disinformation Situation Center", die dem Spiegel vorliegt. Das geschnittene Video enthielt zudem ein Wasserzeichen des "Russian American Daily"-Kanals. Dessen Mitglieder seien in der Vergangenheit bereits vom FBI wegen Spionageverdachts für Russland verhört worden. Die Kritik an einer Ukraine-Äußerung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist nach Darstellung des Auswärtigen Amts zweifelsohne durch pro-russische Desinformation befördert worden. "Der Klassiker: Sinnenstellend zusammengeschnittenes Video, geboostert von prorussischen Accounts und schon ist das Cyber-Instant-Gericht fertig [...]", schreibt der Ministeriumsbeauftragte für strategische Kommunikation, Peter Ptassek, via Twitter.

AFD fällt auf Kreml-Propaganda herein

Im rechtspopulistischen und verschwörungsideologischen Milieu wurden die diffamierenden Vorwürfe gegen Baerbock dankend angenommen und fleißig verbreitet, wie die Tagesschau berichtet. Ganz vorne mit dabei war die AFD. Konten der Partei teilten das Video sogar mit dem Wasserzeichen des Telegram-Kanals von "Russian American Daily". Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel schrieb auf Twitter: "Der Rücktritt der Außenministerin ist überfällig. Wer ausdrücklich auf die Interessen der Wähler in Deutschland pfeift, hat in einem Ministeramt nichts mehr verloren." Für Weidel und ihre Partei entwickelten sich die schweren Vorwürfe gegen die Außenministerin zu einem Boomerang. Die AFD sieht sich nun ihrerseits einem Vorwurf ausgesetzt - und zwar, dass sie sich für prorussische Propaganda hat einspannen lassen.

9 Kommentare

Dr.No

Wenn man sich hier und in den sozialen Medien, manche Kommentare durchliest, dann sind 85%, also alle nicht Grünwähler, Querdenker, Nazis usw.
Leute, was ist los mit Euch!?

SiMiHa

Wer macht schon alles richtig in seinem Leben. Meist sind die, die den Finger erheben die mit meisten Dreck am Stecken. Ich denke dabei auch an die Religionen. Die am lautesten schreien sie wären Christen oder Moslime glauben nur an sich und wie üblich auch nur ans Geld. Unsere AFD die angeblich das deutsche Volk retten will denkt auch nur an Ihre Posten. Fehler wurde im Umgang mit Russland wurde von allen Parteien begangen. Aber die Kniefälle die sich Weidel und Freunde vor Putin machen erlaubt sich eigentlich nur Trump. Dessen demokratisches Verständnis gaben wir ja redlich gesehen nach den US-Wahlen. Und das Russland die Medien manipuliert ist ja auch bekannt.

Querulant

@MeineMeinung...Die AfD, wenn es diese Partei nicht gäbe, eventuell, könnte man es einer anderen Partei in die Schuhe schieben.
Ein Nachrichtenmagazin schrieb,..Man kann nicht denen, die die Außenministerin so zitieren, unterstellen, sie verfälschten den Zusammenhang und lieferten deutschen Putin-Verstehern in AfD und Linkspartei eine Steilvorlage.

Miclen

Hört euch die Originalrede an, das macht es doch nicht besser. An Moldawien geben wir 40 Millionen Euros wegen der hohen Energiekosten und in Deutschland zahlt es der Bürger. Wer es jetzt noch nicht kapiert, dem ist nicht mehr zu helfen.

MeineMeinung

.... und schon wieder der Kommentar der rechten Community hier - HGred, ich kann auch Ihre Kommentare hier so zusammenstückeln dass nicht einmal Sie die Kernaussage, die immer noch AfD-affin ist und bleibt, wiedererkennen