Kongresswahlen in den USA
Auf die freundliche Art: Ureinwohnerin Mary Peltola will noch einmal über Sarah Palin siegen
17.10.2022, 15:00 UhrMary Peltola hat ein Wunder vollbracht. Die US-Demokratin hat in ihrer Heimat Alaska geschafft, was viele Parteikollegen gerne nachahmen würden: den Republikanern einen Sitz im Kongress abzuknöpfen und einen erz-republikanischen Wahlkreis zu erobern.
Bis vor kurzem kannte jenseits von Alaska kaum jemand den Namen der 49-Jährigen. Das änderte sich Ende August schlagartig, als sie in einer Sonderwahl die frühere republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin und Reizfigur Sarah Palin besiegte und Geschichte schrieb: Peltola ist die erste Ureinwohnerin, die für Alaska ins Repräsentantenhaus einzog - und vor allem die erste Demokratin seit einem halben Jahrhundert, die den Bundesstaat in der Kammer vertritt. In wenigen Tagen treten Peltola und Palin wieder gegeneinander an.
Denn bei der regulären Kongresswahl am 8. November, wenn alle Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben werden, muss auch Peltola ihr gerade gewonnenes Mandat verteidigen. Ihre Chancen stehen dabei laut Umfragen nicht schlecht. Die Demokraten, die Gefahr laufen, ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren, müssen um jeden Sitz kämpfen. Und Peltola ist da eine neue Hoffnungsträgerin.
Dabei ist Parteipolitik nicht ihre Sache. "Ich war nie ein wirklich parteiischer Mensch", sagt Peltola. Alaska ticke anders, meint sie. Der Bundesstaat hoch oben an der nordwestlichen Spitze Nordamerikas ist riesig: Er hat weit mehr als die vierfache Fläche Deutschlands, aber nur etwa so viele Einwohner wie Frankfurt am Main. Bei so einer kleinen Bevölkerungszahl kenne man einander in der Politik über die Jahre einfach, sagt sie. "Und in Alaska kommt es viel mehr auf die Person als auf die Partei an."
Ihr Vater machte Wahlkampf für einen Republikaner
Ihr Vater machte früher Wahlkampf für den Republikaner Don Young, für den Peltola nun in den Kongress nachgerückt ist. Young vertrat Alaska 49 Jahre lang im Repräsentantenhaus, bis er im März im Alter von 89 Jahren starb. Nach seinem Tod musste der Sitz für den Rest der Wahlperiode nachbesetzt werden - daher die Nachwahl außer der Reihe.
Die Demokratin ist siebenfache Mutter, sie hat vier leibliche Kinder und drei Stiefkinder. In ihrem Wahlkampf verzichtet sie auf politische oder gar persönliche Attacken, schlägt versöhnliche Töne an und konzentriert sich auf Sachthemen. Wer mit ihr spricht, dem erscheint die erbitterte Spaltung zwischen Republikanern und Demokraten extrem weit weg. Selbst der demokratische Präsident Joe Biden, der einst mit dem Ziel antrat, das Land zu einen, teilt derzeit ungewöhnlich heftig gegen die Republikaner aus. Die Teile der Partei, die Ex-Präsident Donald Trump folgen, nennt er extremistisch, ja "halb-faschistisch".
Was hält Peltola von dieser Strategie? "Es ist ein anderer Ansatz, aber wir sind auch in einer anderen Ära", sagt sie. Früher seien Präsidentschaftsdebatten höflich und zivilisiert verlaufen, heute sei der Ton dort aggressiv und feindlich.
Bis die ersten Schüsse fallen: Wie ein Bürgerkrieg in den USA ablaufen könnte
Dass Peltola den Republikanern auf die freundliche Art den Kongresssitz nach knapp 50 Jahren abgenommen und ausgerechnet gegen Palin gewonnen hat, gilt in den USA als kleine Sensation. Palin war von 2006 bis 2009 Gouverneurin Alaskas, jeder dort kennt sie. Als Ikone der populistischen Tea-Party-Bewegung machte Palin USA-weit Schlagzeilen. Und spätestens, als der damalige republikanische Präsidentschaftsbewerber John McCain sie 2008 zu seiner Vizekandidatin machte, wurde sie auch international bekannt. Zuletzt machte Palin Wahlkampf für Trump - und er für sie.
Peltola selbst findet für ihre prominente Gegenspielerin warme Worte. "Ich kenne Sarah, seit sie Bürgermeisterin in einer Kleinstadt war", erzählt sie. "Sie ist eine sehr freundliche Person. Sie ist sehr bodenständig. Ich persönlich habe noch nie erlebt, dass sie aggressiv zu jemandem war." Als Palin an McCains Seite zur Berühmtheit geworden sei, "war sie eine ganz andere Sarah als die, die ich persönlich kenne".