Bayerische AfD: Chefs bleiben ohne Mehrheit weiter im Amt
28.5.2020, 11:06 UhrKatrin Ebner-Steiner hat sich ein paar Worte zurecht gelegt. Als sie erklären soll, wie sie im Amt bleiben kann, obwohl gerade zwölf ihrer zwanzig Kollegen gegen und nur acht für sie als Fraktionschefin der AfD gestimmt haben, holt sie aus. Sie wettert gegen die Corona-Bestimmungen, wirft der Regierung vor, sie habe versagt, und erwähnt nebenbei, dass die AfD gerade "bundesweit in Unruhe" sei. "Das schwappt natürlich auch nach Bayern."
Was andere als klares Misstrauensvotum und damit als Grund für einen Rücktritt sehen, lässt Ebner-Steiner unberührt. Sie wisse "die Mitglieder hinter uns", sagt sie. "Niemand interessiert, was hier drin passiert, das ist nur eine Momentaufnahme." Worauf sie stützt, dass die Basis hinter ihr und dem Fraktionsvorstand stehe, den nicht die Basis, sondern die Fraktion bestimmt, kann sie nicht erklären. Das entnehme sie den sozialen Medien, da sei "der Zuspruch herausragend". Zahlen? "Das ist einfach die aktuelle Stimmung."
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Die aktuelle Stimmung freilich sieht die AfD derzeit laut Bayerntrend des Bayerischen Rundfunks bei nur noch fünf Prozent in der Sonntagsfrage. Als die Partei 2018 in den Landtag eingezogen war, hatten 10,2 Prozent der Bayern für sie votiert. Das hat gereicht für 22 Sitze im Plenum. Inzwischen zählt die Fraktion nur noch zwanzig Mitglieder. Zwei haben ihr den Rücken gekehrt, weil sie den Rechtsaußen–Kurs der Fraktionschefin nicht weiter mitgehen wollten.
Auch der verbliebene Trupp ist tief zerstritten, die Frontlinien laufen quer durch die Lager. Zahlreiche Scharmützel sind überliefert, in denen sich die Politiker gegenseitig mit wüsten Vorwürfen überzogen haben, von falschen Abrechnungen bis hin zu Verstößen gegen das Meldegesetz. Schon die Wahl Ebner-Steiners zur Fraktionschefin war knapp; die Fraktion stellte ihr nach dem Abgang des gemäßigten Markus Plenk den gemäßigten Ingo Hahn an die Seite.
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Auch Hahn denkt nicht an Rücktritt, obwohl auch gegen ihn das Votum zwölf zu acht ausgefallen ist. Er sei jetzt acht Monate im Amt, habe das immer gewissenhaft ausgefüllt und werde dies weiterhin tun. "Wir fahren fort mit unserer Arbeit", sagt er, "weil es keine Mehrheit gibt, die das in Frage stellt."
Tatsächlich hätte es für die Abwahl der drei 14 Stimmen gebraucht – der Dritte im Bund ist der Allersberger AfD-Abgeordnete Ferdinand Mang, der als parlamentarischer Geschäftsführer die rechte Hand von Ebner-Steiner und Hahn ist. Bis zum Abend vor der Wahl waren sich die Revolutionäre sicher, dass sie die 14 Stimmen hatten, darunter die des Altdorfer Abgeordneten Ralph Müller. Doch in der Nacht sprangen wohl zwei AfD-Politiker wieder ab: Die Oberpfälzer Roland Magerl und Stefan Löw sollen zurückgezogen haben, die angeblich den Abwahlantrag mit unterzeichnet hatten.
Beide bestreiten das mittlerweile. Sie beteiligten sich nicht an einer Palastrevolution, lassen sie sich zitieren. Und bringen damit die Revolutionäre gegen sich auf. Die behaupten, drei Zeugen könnten eidesstattlich die Unterschriften der beiden bestätigen. Man habe die entsprechende Liste nur zum Schutz der beiden bis zum Wahltag zurück gehalten.
Persönliche Befindlichkeiten?
Wie sich Hahn, Mang und Ebner-Steiner die weitere Arbeit mit der Fraktion vorstellen, wissen sie wohl selbst nicht genau. "Momentan ist da sicher so eine Stimmung da", sagt Hahn unbeholfen. Das seien aber "persönliche Befindlichkeiten. Was zählt, ist das hier und jetzt, das Ergebnis".
Ebner-Steiner, die erst vor wenigen Monaten eine Abstimmung über sie mit einem Stimmen-Patt überstanden hatte, versteigt sich in die These, sie habe weiter Vertrauen auch in die Antragsteller ihrer Abwahl. "Jeder in der Fraktion ist mir lieber als die abgehalfterten Politiker der Altparteien", sagt sie. Ob das umgekehrt auch ihre internen Gegner sagen würden, ist nicht überliefert.
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