Belarus: Oppositionsführerin Kolesnikova an Grenze festgenommen
8.9.2020, 10:59 UhrNach ihrem Verschwinden ist die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa in Belarus (Weißrussland) nach Angaben des Grenzschutzes festgenommen worden. Über ihren genauen Aufenthaltsort herrschte aber am Dienstagmorgen noch Unklarheit. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach sie sich in der Ukraine aufhalten sollte. Die 38-Jährige ist eine der wichtigsten Anführerinnen der Proteste gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Seit Montag fehlte von ihr jede Spur.
Belarus statt Weißrussland: So lautet die korrekte Bezeichnung
Weiterhin Ungewissheit über Aufenhaltsort
Wie die Grenzschützer der Staatsagentur Belta zufolge mitteilten, wollte Kolesnikowa in die Ukraine ausreisen. Kolesnikowa sei zusammen mit ihrem Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihrem Sprecher Anton Rodnenkow mit einem Auto zu dem Kontrollpunkt gekommen, hieß es weiter. Die beiden Männer hätten die Grenze passiert. Das bestätigte auch die ukrainische Seite. Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass alle drei in die Ukraine ausgereist seien. Die Angaben der Behörden lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Dem Koordinierungsrat der Demokratiebewegung lagen am Morgen nach eigenen Angaben noch keine Informationen vor, wo sich Kolesnikowa aufhielt. Kolesnikowa trat immer wieder bei Protestaktionen auf und wurde dabei von den Demonstranten bejubelt. Bei der Großdemonstration am Sonntag marschierte sie in Minsk mit.
Die größten Proteste in der Geschichte des Landes
Das Menschenrechtszentrum Wesna hatte bereits am Sonntagabend von mehr als 200 Festnahmen gesprochen, über die die Aktivisten informiert wurden. Bei der Demonstration in der Hauptstadt nahmen Zehntausende Menschen teil. Beobachter sprachen auch von rund 100 000 Teilnehmern. Es sind die größten Proteste in der Geschichte des Landes, die seit rund einem Monat andauern. Die Behörden sprachen lediglich landesweit von rund 30 000 Demonstranten.
Polizei bringt sich vor Großdemo in Belarus in Stellung
Die Sicherheitskräfte gingen am Sonntag Berichten zufolge brutaler als in der vergangenen Woche vor: Auf Videos war zu sehen, wie Uniformierte Menschen auf den Straßen verfolgten. Zudem sollen sie Tränengas eingesetzt haben.
Hintergrund der Proteste ist die Präsidentenwahl vor mehr als vier Wochen. Lukaschenko hatte sich danach mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition hält dagegen Swetlana Tichanowskaja für die wahre Siegerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der Kritik.
Dieser Artikel wurde am 08.09.2020 um 10.53 Uhr aktualisiert
Kennen Sie schon den Newsletter der NN-Chefredaktion? Alexander Jungkunz, Michael Husarek, Armin Jelenik und Barbara Zinecker liefern einmal wöchentlich Informatives und Unterhaltsames aus unserem Medienhaus.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen