Viele Unterschiede bei den Parteien

Bundestagswahl 2021: Ist eine schwarz-grüne Koalition möglich?

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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3.9.2021, 14:14 Uhr
Wer wissen will, ob Union und Grüne gemeinsam regieren könnten, der muss sich vor allem dieses Paar anschauen. Winfried Kretschmann und Markus Söder ziehen häufig an einem Strang.

© Britta Pedersen, dpa Wer wissen will, ob Union und Grüne gemeinsam regieren könnten, der muss sich vor allem dieses Paar anschauen. Winfried Kretschmann und Markus Söder ziehen häufig an einem Strang.

Fachleute sind sich einig, dass die Bundestagswahl heuer so spannend wie selten zuvor wird. Das liegt vor allem an der Vielzahl der Koalitionsmöglichkeiten, die sich nach dem 26. September auftun könnten. Wir stellen in einer Serie die möglichen Bündnisse, ihre Vorgeschichte, inhaltliche Knackpunkte und personelle Konsequenzen vor. Heute: Schwarz-Grün.

So schnell können sich die Dinge ändern. Noch vor wenigen Monaten waren sich alle einig, dass Deutschland auf seine erste schwarz-grüne Bundesregierung zusteuere. Und es war allenfalls die Frage, wer sie anführt: Annalena Baerbock von den Grünen oder Armin Laschet, der CDU-Kandidat. Im Moment allerdings stehen beide weder vor dem Einzug ins Kanzleramt, noch hätten ihre Parteien eine Mehrheit im Parlament.

Ohne Schrecken

Das ist durchaus verwunderlich. Denn jeweils mehr als 60 Prozent der Menschen in der Republik könnten sich laut einer Umfrage vorstellen, dass sie ihr Kreuz bei Union und Grünen machen. Die Kombination aus Ökos und Konservativen hat in der Vorstellung der meisten Wähler ihren Schrecken verloren.

Das liegt auch daran, wie sich die Grünen inzwischen aufstellen. Aus der einstigen alternativen Partei mit stillenden Müttern auf Parteitagen und strickenden Vätern ist eine professionelle Einheit geworden, auch wenn die Pannen am Anfang dieses Wahlkampfes das Gegenteil vermuten ließen. Die Grünen stellen sich inhaltlich mittlerweile breit auf. Dass sie zumindest mitregieren können, haben sie bewiesen, als SPD-Kanzler Gerhard Schröder und Grünen-Außenminister Joschka Fischer Deutschland unter anderem in den Kosovokrieg führten, dem ersten militärischen Auslandseisatz der Bundeswehr.

Umgedacht

Auch CSU-Chef Markus Söder hat die Zeichen der Zeit erkannt. Den Menschen sind umweltpolitische Themen wichtig; sie engagieren sich notfalls außerhalb des Parlaments, wenn sie den Regierenden die Lösung drängender Probleme nicht mehr zutrauen. Als im Winter 2019 das Bienenvolksbegehren an Fahrt aufnahm, setzte Söder sich kurzerhand an die Spitze der Bewegung. Seitdem kämpft auch er für die Umwelt. Und das will er weiterhin tun, auch auf Bundesebene.

Einfach würden die Koalitionsverhandlungen allerdings nicht. Söder sagte dieser Tage im Interview bei den Nürnberger Nachrichten, vor einer Koalition müsse er den Grünen noch einige programmatische Zähne ziehen. Manche der Hürden sind bekannt, das Tempolimit von 130 auf Autobahnen etwa, das die Grünen fordern, die Union aber ablehnt. Oder die Schuldenbremse, die die Grünen aussetzen will, die Union aber nicht.

Gewaltige Hürden

Vor allem bei der Sozialpolitik könnten die Klippen gewaltig sein, die einem solchen Bündnis im Weg stehen. Die Grünen wollen Hartz IV einmotten, die Union nicht. Und von einem Mindestlohn, den die Grünen von derzeit 9,60 Euro pro Stunde auf zwölf Euro anheben wollen, hält die Union ebenfalls nichts.

Beide Seiten müssten sich in den Koalitionsverhandlungen also erheblich bewegen, wollen sie auf einen gemeinsamen Nenner finden. Ausgeschlossen ist das nicht. Den Union und Grüne regieren auf unterschiedlichen Ebenen seit etlichen Jahren fast geräuschlos zusammen. Das erste Bündnis schlossen CDU und Grüne 2001 in Saarbrücken. In Darmstadt hält die schwarz-grüne Koalition bereits seit 2011.

Als Blaupause für Berlin gilt aber vor allem das hessische Modell. In Baden-Württemberg koalieren Grüne und Union zwar ebenfalls. Doch dort stellen die Grünen die stärkere Kraft. Und das hessische Bündnis hält bereits seit 2014 und damit zwei Jahre länger als das der Schwaben.

Doch zurück zu Markus Söder, der als CSU-Chef bei den Koalitionsverhandlungen ein gewichtiges Wort mitredet. Wer wissen will, wie er zu den Grünen steht, der muss sich sein Verhältnis zum grünen Winfried Kretschmann anschauen, dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten. So gut kommen die beiden miteinander aus, dass sie demnächst eine Klimaallianz bilden wollen.

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