Wahlkampf
Bundestagswahl: Spitzenduo der Linken steht fest
10.5.2021, 12:41 UhrIm Vergleich mit den erfolgsverwöhnten Grünen hatten die Linken im Vorfeld der Bundestagswahl eine Sorge weniger: Sie mussten sich nicht unter Schmerzen auf einen Spitzenkandidaten oder eine Spitzenkandidatin einigen. Denn wer ohnehin keine Chance hat, das Kanzleramt zu erobern, der hat es auch nicht nötig, sein personelles Angebot auf eine einzige Person zu beschränken.
Die Linken können statt dessen den Wählerinnen und Wählern mit ihrem gerade ausgerufenen Führungsduo ein breites politisches Spektrum anbieten. Für sie treten am 26. September Fraktionschef Dietmar Bartsch und Bundesvorsitzende Janine Wissler an. In dieser Kombination steckt so ziemlich alles, was die Partei ausmacht - und wen sie ansprechen will.
Da wäre zum einen die weit links stehende Wissler. Die 39-Jährige vertritt eine jüngere Generation, sie stammt aus Hessen und repräsentiert damit den Westen der Republik. Eine Regierungsbeteiligung sieht Janine Wissler sehr skeptisch, weil sie nur ungern von den Maximalzielen der Linken abweichen möchte. Ein Ausstieg aus der Nato und der Abschied vom Kapitalismus wären aber mit Partnern wie SPD und Grünen nicht zu machen.
Einer wäre koalitionsfreundlich
Auf der anderen Seite des Duos steht ein aus Ostdeutschland stammender Realpolitiker. Der 63-Jährige Dietmar Bartsch verfügt über jahrzehntelange Erfahrungen in der Spitzenpolitik. Er wird im Bundestag weit über die Parteigrenzen hinweg geschätzt. Für eine grün-rot-rote Koalition wäre er vermutlich zu haben, wenn er dabei wenigstens einen Teil seiner politischen Ideen durchsetzen könnte.
Das gemischte Doppel kann von der Linken im Wahlkampf nun je nach Bedarf eingesetzt werden. Wenn es gilt, die Verlässlichkeit und den staatstragenden Aspekt zu betonen, dann dürfte Bartsch gefragt sein. Wenn eher das Umstürzlerische und Revolutionäre im Vordergrund stehen soll, ist seine deutlich jüngere Kollegin sicher die Geeignetere.
Theoretisch wären auch noch andere Spitzenfiguren der Partei als Listenführende in Frage gekommen. So war der Name der Co-Fraktionschefin Amira Mohamed-Ali (41) genannt worden. Auch Ex-Parteichefin Katja Kipping (41) galt als geeignet, zumal sie schon 2017 in dieser Funktion angetreten war.
Heimliche dritte Kandidatin
Und schließlich gab es da noch die amtierende Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow (43). Doch die hatte zuletzt mit einigen unglücklichen Talkshow-Auftritten auf sich aufmerksam gemacht. Wer aber in einem Bundestagswahlkampf an führender Stelle steht, der befindet sich in einer Art Dauer-Talkshow und kann mit Unsicherheiten und Wissenslücken die Chancen seiner Partei deutlich reduzieren.
Neben den beiden offiziellen Spitzenkandidaten gibt es noch so etwas wie eine heimliche dritte Spitzenkandidatin. Das ist die wortgewaltige und bundesweit überaus bekannte Sahra Wagenknecht, die allerdings wegen manch politischer Extratouren von vorneherein nicht als vermittelbar galt. Sie führt nun immerhin die Liste im größten Bundesland NRW an.
Leicht dürfte es für die Linke dieses Jahr ohnehin nicht werden. Die aktuellen Umfragen trauen ihr nur noch zu, sechs bis acht Prozent der Stimmen zu holen. Damit könnte ihnen das Schicksal der Grünen aus dem Jahr 2017 drohen, die damals nur kleinste Bundestagsfraktion wurden. Das bringt schlechte Redezeiten bei den Parlamentsdebatten mit sich und damit eine geringere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.
Kampf um Direktmandate
Wegen der bedrohlichen Nähe zur Fünf-Prozent-Hürde sind die Linken bemüht, die Zahl von mindestens drei Direktmandaten zu erreichen. Schaffen sie das, dann dürften sie trotz Unterschreitens der fünf Prozent in voller Stärke in den Bundestag einziehen. Gute Chancen für die Eroberung eines Wahlkreises werden Gregor Gysi (Berlin-Treptow), Susanne Hennig-Wellsow (Erfurt), Petra Pau (Berlin-Marzahn), Gesine Lötzsch (Berlin-Lichtenberg) und Katja Kipping (Dresden) eingeräumt.
Am 26. September war die Bundestagswahl 2021. Alle Ergebnisse - regional und landesweit - sowie weitere Entwicklungen rund um die Koalitionsbildung finden Sie auf nordbayern.de/bundestagswahl.
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