Kein Grund zur Freude

Corona-Beschlüsse: Die "Hätte-Republik" müssen wir hinter uns lassen

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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4.3.2021, 14:49 Uhr

Sind wir nun am Beginn der "intelligenten Öffnungsmatrix", die Markus Söder seit Wochen in Aussicht stellt? Gewiss nicht. Erneut müssen die Menschen im Lande die wachsende Unfähigkeit der Regierenden ausbaden. Für den von vielen herbeigesehnten Perspektivwechsel in der Corona-Politik reichen der durch Inzidenzwerte und Mutanten abgesteckte Rahmen noch nicht - daran ändert auch das muntere Herumschrauben an den Warnschwellen nichts - schien die 35 bis vor kurzem noch das Maß aller Dinge zu sein, geht es jetzt um 50 oder 100.


Kommentar zu neuen Corona-Beschlüssen: Gewagt und unlogisch


Natürlich ist jeder noch so kleine Schritt, der uns aus der Tristesse des Lockdowns herausführen kann, zu begrüßen. Und doch ist das Resultat des Bund-Länder-Gipfels ernüchternd. Weil Politik und Verwaltung es versäumt haben, eine vernünftige Impfstrategie umzusetzen, weil den vollmundigen Testankündigungen von Jens Spahn bislang kaum Taten gefolgt sind, müssen wir uns in den nächsten Wochen weiterhin mit einen eingeschränktem Lebensradius begnügen.

Ein Blick in die Schulen belegt das eindrucksvoll: Bis Ostern sollte es den meisten Kindern und Jugendlichen in Bayern vergönnt sein, mal wieder eine Lehranstalt von innen zu sehen. Ein Erfolg der Staatsregierung? Nein, lediglich Mindestmaß. Monatelang wurde der Nachwuchs regelrecht vom Präsenzunterricht ausgesperrt - mit fatalen Folgen für Kinder aus sozial benachteiligten Haushalten. Folgen, an denen unser Bildungssystem jahrelang zu knabbern haben dürfte. Auch hier liegt es zu einem Gutteil an der Trägheit der politisch Verantwortlichen. Längst hätten Lehrkräfte geimpft, längst Testsysteme zur Verfügung gestellt und technische Lüftungssysteme in den Klassenräumen installiert werden können.

Doch leider leben wir in einer "Hätte-Republik". Bei der Suche nach den Schuldigen liefern sich Politiker und Verwaltungen einen Wettstreit. Die einen, weil sie nicht entschlossen genug die Zeit nach dem ersten Lockdwon für innovative Konzepte genutzt haben, die anderen, weil sie den eingeübten Bürokratismus nicht über Nacht ablegen können. Warum sind anderen Länder weiter wenn es um Impfquoten und Coronatests geht?


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Nun bleibt zu hoffen, dass bis Ostern die Hausaufgaben endlich erledigt werden. Denn die Pandemie ist längst von einer virologisch-medizinischen Herausforderung zu einem wirtschaftlich-gesellschaftlichen Problem ersten Ranges mutiert. Diese gefährliche Mutation in den Griff zu bekommen, das ist die Aufgabe der kommenden Monate. Denn wir müssen schleunigst die Lethargie der "Hätte-Republik" hinter uns lassen!

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