Dank milde gestimmter Opposition: Huml bleibt im Ausschuss verschont
19.8.2020, 17:58 UhrEs ist für Christsoziale eine seltene Erfahrung. Als sich ihre Mitglieder des Gesundheitsausschusses mit CSU-Generalsekretär Markus Blume, Corona-Koordinator Florian Herrmann und Gesundheitsministerin Melanie Huml zum Krisengespräch treffen, müssen sie in den Saal 3 ausweichen. Der gehörte vormals der SPD, jetzt den Grünen. Unbekanntes Terrain für die Schwarzen.
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Gleich neben Saal 3 liegt der Raum der Stille. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die Abgeordneten sich der Reihe nach erst einmal dorthin verirren. Denn intern sind die Irritationen groß über Melanie Huml und die Pannenserie rund um die Testzentren für Reiserückkehrer. Dass dort zehntausende Tests, darunter hunderte positive, über eineinhalb Wochen liegen geblieben waren, ohne dass die Betroffenen das Ergebnis kannten, finden sie wild. Und dass Huml seit Montag vergangener Woche gewarnt war, aber erst am Mittwoch die Öffentlichkeit informiert hatte, und auch da nicht so umfassend, wie es zunächst schien, ebenfalls.
Nach Testpanne: CSU im Alarmmodus
Ist es also die eine große Panne, die Markus Söders Image als Macher und seine angeblichen Ambitionen auf das Kanzleramt zerstört, wie manche Kommentatoren glauben? Es ist zumindest ein Fall, der die CSU-Spitze alarmiert. Dass der Generalsekretär zur Krisensitzung erscheint, lässt erkennen, wie hoch die Partei das Problem hängt. Markus Blume wird später im Ausschuss das Wort ergreifen. Er habe, sagt er, "von der Opposition bisher nichts gehört". Jetzt gehe sie "mit Häme und Schadenfreude an die Sache heran" und erlebe "mit Freude, dass auch in Bayern mal ein kleiner Fehler passiert".
Das ist die Strategie, die sich die CSU zurechtgelegt hat für die Sondersitzung im Landtag, und die sie perfekt orchestriert. Die Rollen sind verteilt, die Linie festgelegt. Redner spielen die Panne herunter, andere stellen sich vor Melanie Huml und greifen Brandenburg an, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen, Länder, die, kein Zufall, SPD-geführt sind und zunächst nicht getestet hatten. Einzig Corona-Koordinator Florian Herrmann unterläuft der Fehler, dass er Nordrhein-Westfalen nennt. Dort regiert Armin Laschet, ein CDU-Anwärter aufs Kanzleramt.
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Melanie Huml weiß, was solche Solidaritätsbekundungen wert sein können. Auch andere haben sie vor ihr erlebt. Und sind doch aus dem Amt gesegelt. Ob auch ihr das widerfährt, werden die nächsten Tage zeigen. Die Sondersitzung des Gesundheitsausschusses bietet ihr die Chance zur Vorwärtsverteidigung. Und der Opposition zum Angriff.
Der fällt überraschend dezent aus. Ruth Waldmann stellt für die SPD zwar fest, dass sie alles andere als untätig gewesen sei, wie Blume behauptet hatte. Der Ruf nach Corona-Tests etwa an den Flughäfen hat die SPD lange gefordert, bis Bayern sie zu den Sommerferien eingerichtet hat.
Testpannen: Nur Fragen von Waldmann an Huml
Doch schärfer wird sie nicht. Waldmann fragt, warum Huml "nicht gleich am Montag prophylaktisch zu erneuten Tests" aufgerufen habe, "bevor die Leute sorglos durch die Gegend laufen". Und wie die Ministerin habe glauben können, dass die Firma binnen 24 Stunden das Problem mit 43.000 Tests lösen solle, das sie zehn Tage nicht in den Griff bekommen hatte. Auf einen harten politischen Vorwurf aber verzichtet sie, wie auch die Vertreter der anderen Oppositionsfraktionen.
Huml versucht eine Doppelstrategie. Sie nennt die schieren Zahlen: 175.411 Tests bis Dienstag, Mitternacht, 2339 positiv Getestete. "Ohne dieses Angebot wären die Menschen eingereist ohne zu wissen, dass sie infiziert sind", sagt sie. Macht im Schnitt 1,3 Prozent der Rückkehrer und damit mehr als das Doppelte dessen, was bei allen anderen Tests anfällt. "Wir haben gehandelt und nicht nur abgewartet", sagt die Ministerin. Und ja, es sei zu einer schweren Panne gekommen. Aber die sei behoben.
Das sei das Problem: "Wenn ich verschiedenste Stellen habe, habe ich immer Reibungsverluste." Am Montag habe sie vom Rückstau erfahren, aber auch, dass ihn das Unternehmen per Computer beheben wolle. Eine Alarmmail aber sei das nicht gewesen, sondern ein Sachstandsbericht. Deshalb habe sie gewartet, bis klar war, dass die Software nicht funktioniert. Und dann gehandelt. Das war 54 Stunden später.
Fraktionschef erklärt: So hätte die SPD die Corona-Tests gestaltet
Horst Arnold sitzt als SPD-Fraktionschef ausnahmsweise im Ausschuss. Der ehemalige Richter aus Fürth kann nicht nachvollziehen, warum Huml am Montag keinen Alarm geschlagen hat. 338 Corona-Positive hätten sich in falscher Sicherheit gewiegt. "Da war Gefahr im Verzug", sagt Arnold. Und deshalb hätte sie für ihn sofort reagieren müssen.
Huml: "Wenn mal was schiefläuft, muss man dazu stehen"
Hat sie nicht, und sie sieht weiter keinen Grund dafür. "Wenn mal was schiefläuft, muss man dazu stehen", sagt sie. Aber: "Wir haben in Bayern ein Angebot für Reisende aus ganz Deutschland etabliert, das es woanders nicht gegeben hat." Oder, wie Corona-Koordinator und Staatskanzleichef Florian Herrmann sagt: Woanders sei "der Grundfehler, dass überhaupt nicht getestet wird. Das halte ich für viel schlimmer." Und deshalb "ist für mich und Staatsregierung das jetzt abgeschlossen." Es wird sich zeigen, ob diese Rechnung aufgeht.
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