Nach der Bundestagswahl
Das erwarten die Oberbürgermeister jetzt von Berlin
27.9.2021, 12:34 Uhr
Egal, wie lange es dauert, bis die neue Regierung steht: auf ihr ruhen bereits jetzt jede Menge Erwartungen. Ob unter einem SPD-Kanzler Scholz oder etwa in der Regie der Union, die politischen Spitzen in den Städten und Gemeinden in der Region haben längst klare Vorstellungen davon, was die künftigen Machthaber in Berlin tun müssen, um Klimawende, Wohnungsmisere oder Digitalisierungsstau effektiv anzugehen.
Sie müssten endlich mehr Vertrauen in die Kommunen setzen, sagt Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU), denn dort fange "Deutschlands Zukunft" an. Seinen "Drei-Wünsche-Plan" hat König lange vor der Wahl aufgestellt, und seine Amtskolleginnen und -kollegen in den umliegenden Rathäusern müssen auch nicht lange nachdenken, um ihrerseits einen kleinen Maßnahmenkatalog zu formulieren, der es ihnen ermöglicht, ihre Aufgaben sinnvoll zu bewerkstelligen.
Natürlich geht es um mehr Geld, doch gewiss nicht nur. Zwar wünscht sich König an erster Stelle vom Bund einen ansehnlichen Fixbetrag bei der Gewerbesteuer, der wichtigsten Einnahmequelle der Städte und Gemeinden, weil die Abgabe großen Schwankungen unterliegt und in Corona-Zeiten mitunter stark eingebrochen ist.
Doch am meisten ärgert den Oberbürgermeister die derzeitige unflexible Struktur von Förderprogrammen. Nach dem Windhund-Prinzip müsse man sich um Zuschüsse bemühen für Ausgaben, die man mitunter gar nicht tätigen wolle. "Ich brauche derzeit für die Schulen Whiteboards und Laptops und gerade keine neuen Fenster!", sagt König leicht genervt.
Solches Vorgehen sei nicht mehr zeitgemäß, besser wäre es allemal, den Kommunen mehr Vertrauen zu schenken und ihnen Finanzmittel für Schulen oder etwa für Innenstadtprogramme in breiterem Rahmen zu gewähren. Auch auf einen gerechteren Umgang mit Schulden hofft er unter der neuen Regierung. Dass Olaf Scholz angekündigt habe, vornehmlich Kassenkredite zu erlassen, bestrafe Städte wie Nürnberg, die auf eine langfristige Finanzierung der Kredite gesetzt haben.
Fürths sozialdemokratischer Oberbürgermeister Thomas Jung dagegen erwartet gerade von einer SPD-Regierung eine "kommunalfreundliche Politik". Schließlich sei Olaf Scholz bereits Bürgermeister einer Großstadt gewesen "und auch schon mal wie ich mit absoluter Mehrheit gewählt worden", sagt Jung gewohnt schlagfertig.
Aber auch er mahnt mehr Verlässlichkeit in der Hauptstadt an. "Keine neue Aufgaben für uns ohne Geld", heißt sein Credo. Um beispielsweise mehr Betreuungsplätze anbieten zu können, brauche man auch mehr Personal. Und die Städtebauförderung, die die große Koalition zuletzt angehoben hatte, will er keinesfalls angetastet sehen. Nur so könne man die Innenstädte zu attraktiven Aufenthaltsräumen umgestalten.
Strukturschwache Städte "wie im Ruhrgebiet und wie Fürth" mit einer hohen Quote an Hartz-IV-Empfängern bräuchten mehr Mittel für die Sozialleistungen; und auch das 800 Betten zählende Klinikum könne nur weiter existieren, wenn der Bund hier unter die Arme greife.
Schwabachs OB Peter Reiß (SPD) weiß, dass das Thema "bezahlbares Wohnen die Menschen sehr bewegt". Deshalb entwickelt man in der Goldschlägerstadt gerade auf einer Industriebrache den neuen Stadtteil "Forsthof-Süd", der mindestens CO2-neutral gebaut werden soll. "Wir sehen die Themen der Zeit", unterstreicht Reiß, deshalb sollten solche "guten Ideen" auch von der Bundesregierung gefördert werden.
Aber auch fürs Alltagsgeschäft brauche man Geld, etwa eine zusätzliche Finanzspritze, um bei den Kosten für die Unterkünfte für Migranten und Asylbewerber entlastet zu werden.
Manche Probleme kriege man "nicht mit allem Geld der Welt geregelt", betont Florian Janik (SPD), Oberbürgermeister in Erlangen. Die Städte benötigten endlich auch ein generelles Vorkaufsrecht für Liegenschaften, fordert er. Nur so könne man die City gestalten und bei leerstehenden Bauten steuernd eingreifen.
Um dem Klimaziel endlich näher zu kommen, seien Vorgaben nötig, ab wann Kommunen bei Gebäuden auf energetische Sanierungen drängen dürften, zählt Janik auf, und man sollte das Tempo innerorts generell beschränken dürfen. Über die lokalen Abgeordneten könne man die Wünsche an die neue Regierung herantragen.
Thomas Zwingel (SPD), Bürgermeister in Zirndorf, weiß, dass es die kleineren Kommunen ungleich schwerer haben, sich auf die Erfordernisse der Zukunft einzustellen. Sie kämpfen darum, dass ihre Bahnhöfe endlich barrierefrei umgebaut werden und dass der neue Radweg bezuschusst wird. Die Mobilitätswende sei in größeren Städten leichter zu vollziehen als auf dem flachen Land: "Im bayerischen Wald gibt es Gegenden, da fährt nicht mal ein Bus hin", sagt Zwingel, der Vizepräsident des bayerischen Gemeindetags ist.
Hier müsse die neue Regierung ansetzen und unterstützen. Wichtig sei es auch, kostengünstig Wohnraum zu schaffen und dafür die Wohnungsbauunternehmen stärker zu fördern als bisher.
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