Digital-Gipfel in Nürnberg: Große Worte und triste Realität
4.12.2018, 15:17 UhrWer sich die Ausstattung vieler Schulen in Deutschland mit Computern ansieht, fühlt sich mitunter, als stünde er in einem Museum. Nun ist es natürlich richtig, dass modernere IT-Ausstattung alleine nicht für bessere Bildung sorgt. Doch dass es da dramatischen Nachholbedarf gibt, ist unstrittig. Gleichwohl, so wie es aussieht, wird aus dem geplanten Digitalpakt, der den Schulen helfen soll, einen weiteren Schritt ins digitale Zeitalter zu machen, vorerst nichts werden. Die Länder wollen mit Zähnen und Klauen am Bildungsföderalismus festhalten und lehnen deswegen auch eine Aufweichung des Kooperationsverbots ab, das vor einigen Jahren im Gesetz festgemeißelt wurde.
Es wird nur Zeit verloren
Gewiss, man kann argumentieren, der Bund solle den Ländern einfach mehr Geld vom gesamten Steueraufkommen geben. Dann bräuchten diese keine Hilfe von Berlin. Über diese Frage kann man trefflich streiten. Doch unter dem Strich kommt vorerst nur heraus, dass vorerst kein Geld für die Schulen freigemacht wird. Es wird nur gestritten und Zeit verloren.
Auch auf anderen Feldern werden die Ankündigungen großartiger vorgetragen als sie es sind. Auf dem Digitalgipfel in Nürnberg wurde gerade die Ankündigung der Bundesregierung bekräftigt, bis zum Jahr 2025 zusätzlich drei Milliarden Euro in die Künstliche Intelligenz (KI) zu investieren. Damit soll eine Aufholjagd gegenüber den USA und China eingeleitet werden. Die Zahl relativiert sich rasch, wenn man etwa sieht, dass China schon zwei Milliarden Dollar allein für einen Industriepark für neue KI-Firmen investiert, der schon im Bau ist. Und die Regierung von Shanghai will 15 Milliarden Dollar in KI-Projekte investieren, darunter in den Aufbau einer volldigitalen "Smart City".
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Ehrgeizige Ziele
Spätestens da wird sichtbar, dass eine nationale Strategie sowieso nicht reicht. Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für den digitalen Binnenmarkt, hat gefordert, die EU müsse mit privaten und öffentlichen Mitteln mindestens 20 Milliarden Euro in dieses Feld investieren – und das bis Ende 2020. Davon ist bisher noch nicht so viel zu sehen.
Es geht nicht nur um die Höhe der Summen. Es geht auch um Geschwindigkeit. Und die EU-Staaten, unter denen nationalistische Anwandlungen derzeit wieder in Mode gekommen sind, müssen sich ernsthaft fragen, ob sie damit nicht in einen bedenklichen Rückstand geraten gegen einem autoritären Staat wie China.
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