Aussetzer in Sarajevo
Ehemaliger Landwirtschaftsminister Schmidt mit Wutausbruch in Bosnien
18.8.2022, 13:32 UhrPolitiker und Journalisten... Eine Hassliebe, aus der ganz sicher keine Freundschaft mehr wird. Das bewies nun einmal mehr Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). In seinem heutigen Arbeitsgebiet Bosnien-Herzegowina sorgte er mit einem Wutausbruch weit über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen. Dabei regte er sich auch über die Politiker des Landes auf.
"Rubbish, full rubish!"
Bei einem Besuch in der Kleinstadt Gorazde reagierte er auf die Frage einer Journalistin mit einem Wutausbruch. Inhaltlich ging es darum, weshalb eine Reform lediglich die ethnische Minderheit der Kroaten begünstige, nicht aber die der Juden oder Sinti und Roma. Kontrovers diskutiert wird zudem eine geplante Anhebung der Prozenthürde für den Einzug ins bosnisch-herzegowinische Parlament; in Bosnien-Herzegowina finden am 2. Oktober Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Vor diesem Kontext polterte der CSU-Politiker in reichlich undiplomatischer Manier los: "Rubbish, full rubish! (in etwa: Müll, totaler Müll.) [...] I am rid of this (in etwa: Ich hab die Schnauze voll! [...] Ask your questions but please take it how I am deciding. (in etwa: Stellt eure Frage, aber nehmt bitte hin, wie ich entscheide)." Schmidt - Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina - fuhr fort: "Ich habe diese Situation satt. Jeder gibt jedem die Schuld. Freunde, so kommt man nicht nach Europa!" Aufnahmen des Auftritts machten im Internet die Runde.
Wichte Position, die Fingerspitzengefühl erfordert
Anfang Oktober findet in Bosnien-Herzegowina die nächste Parlamentswahl statt. Der langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete ist seit gut einem Jahr internationaler Repräsentant in der Hauptstadt Sarajevo. Zu seinen Aufgaben gehört die Umsetzung des Dayton-Abkommens von 1995, das den Krieg beendet hatte, durch den sich Bosnien-Herzegowina vom damaligen Jugoslawien abgespalten hatte. Der Hohe Repräsentant kann in das politische Geschehen eingreifen, Gesetze erlassen und aufheben sowie Politiker aus dem Amt entfernen.
Reaktion "absolut unangemessen" für das Amt
Wie die Pferde mit dem CSU-Politiker vor laufender Kamera durchgingen, stößt u. a. bei der SPD auf harsche Kritik. "Die Reaktion des Hohen Repräsentanten ist absolut unangemessen. Es schadet dem Ansehen und der Wirkungskraft des Amtes.", erklärte Adis Ahmetovic, SPD-Bundestagsabgeordneter und Berichterstatter seiner Fraktion für den Westbalkan, gegenüber dem Spiegel. "Wir brauchen in den aktuell herausfordernden Zeiten, wo auch im Westbalkan der russische Einfluss und damit Destabilisierungsversuche immer größer werden, ein starkes Amt des Hohen Repräsentanten."