Bilanz des Treffens

Geht doch: Was der Bund-Länder-Gipfel brachte

Alexander Jungkunz

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7.11.2023, 06:55 Uhr
Präsentieren die Ergebnisse der langen Sitzung: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (links, CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (rechts, SPD).

© Bernd von Jutrczenka/dpa Präsentieren die Ergebnisse der langen Sitzung: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (links, CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (rechts, SPD).

Kurz vor drei Uhr in der Nacht präsentierten sie die Ergebnisse ihres Gipfels - der Kanzler und die Vertreter der Bundesländer. Das lange Ringen hat immerhin ein Paket gebracht, das ein Stück beitragen kann zum Hauptziel des Treffens: Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, soll sinken. Die Beschlüsse im Einzelnen:

- Die bisher nur zeitweise ausgeweiteten Kontrollen an den Grenzen sollen dauerhaft bleiben. Das ist eine Bestätigung des bayerischen Sonderwegs der eigenen Grenzpolizei. Und das Eingeständnis, dass es ohne genauere Kontrollen doch nicht geht - da war die Politik lange zu blauäugig.

- Die Leistungen für Asylbewerber, deren Verfahren länger als 18 Monate dauern, bleiben auf dem niedrigeren Niveau für Geflüchtete. Bisher stiegen sie nach anderthalb Jahren in etwa auf die Höhe des Bürgergelds. Da zu viele Verfahren noch länger dauern, kann diese reduzierte Hilfe wirken.

- Angepeilt werden schnellere Verfahren. Ob das ohne (aufwendige) Rechtsänderungen und (teure) Personalaufstockung geht?

- Abgehakt wurde der Wunsch der Länder nach mehr Geld vom Bund. Da wurde ein Kompromiss gefunden. Das dürfte auch die besonders betroffenen Kommunen entlasten.

- Geprüft werden soll die aufwendige Umstellung von Bargeld auf Geldkarten.

- Vor allem die unions-regierten Bundesländer drängen auf Asylprüfungen in Drittländern. Dafür braucht es aufwendige Verhandlungen mit den Staaten, in denen die Verfahren stattfinden sollen. Das soll nun geprüft werden - Ergebnis offen.

Ob die Beschlüsse wirklich wirken, hängt entscheidend davon ab, dass die Voraussetzung stimmt, die hinter dem Paket steckt: dass Menschen vor allem wegen der im Vergleich hohen Sozialleistungen nach Deutschland kommen.

Was, wenn trotzdem viele bei uns auf ein besseres Leben hoffen?

Aber was, wenn die meisten aus purer Not fliehen und in der Hoffnung auf ein besseres Leben? Das finden sie auch bei reduzierten Leistungen, da Deutschland im Vergleich zu den Herkunftsländern nach wie vor paradiesische Zustände bietet - nicht nur, was Leistungen angeht, sondern auch Stabilität, Rechtssicherheit oder Perspektiven. Erst der Blick auf die Flüchtlingszahlen der kommenden Monate zeigt, ob ausreicht, was nun beschlossen wurde. Die wachsende Wucht der weltweiten Krisen könnte eher für steigende Migration sorgen.

Politik muss schneller reagieren

Immerhin, und das ist das positive Signal des Gipfels: Politik kann - wenn auch sehr spät - liefern und Ergebnisse präsentieren. Das gilt auch für den Rest der Beschlüsse. Bund und Ländern haben auch den "Beschleunigungspakt" auf den Weg gebracht, der schnellere Genehmigungen bringen soll. So ein Beschleunigungspakt täte der Politik insgesamt gut: Sie muss schneller reagieren, wenn der Handlungsbedarf längst offensichtlich ist.

Und das ist er an vielen Stellen. Die Ampel hat eine Unmenge an Reformen vereinbart - doch über ihre Prioritäten lässt sich streiten. Nun packen Bund und Länder, auch Ampel und Unionsparteien, gemeinsam einige der dringlichsten Themen an: Zuwanderung und Beschleunigung/Bürokratieabbau.

Es sind Kompromisse, die sie vereinbarten - aber die gehen in die richtige Richtung. Daher kommt nun vieles darauf an, dass dieser informelle „Deutschlandpakt“ die Beschlüsse nicht zerredet. Nichts leichter als das. Nun muss das Paket auf den Weg gebracht, umgesetzt, geprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. So sieht Politik aus, die gemeinsam Lösungen sucht. Davon braucht das Land mehr.

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